Auch wenn man als jüngerer Mensch den Dirigenten nicht kennt, der Nachname dürfte jedem Klassikfreund ein Begriff sein, denn Arvid Jansons (1914-1984) ist der Vater von Mariss Jansons (*1943), dem jetzigem Chefdirigenten des Sinfonieorchester des Bayrischen Rundfunks. Arvid Jansons, der zuerst Geige studierte, wurde 1944 Dirigent an der Rigaer Oper. Mariss Jansons erinnert sich, dass das Opernhaus für ihn als Kind quasi das zweite Wohnzimmer bildete. Später ging Jansons nach Leningrad, wurde Assistent an der Seite von Jewgenij Mrawinskij bei den Leningrader Philharmonikern, arbeitete dort auch mit Kurt Sanderling zusammen und lehrte am Konservatorium. Zahlreiche Gastdirigate führten ihn in alle Welt, so unterhielt er eine enge Beziehung zum Hallé-Orchester in Manchester, dort erlitt er 1984 bei einem Konzert einen Herzinfarkt, an dessen Folgen er verstarb. Als Künstler und Mensch wird Arvid Jansons von vielen Wegbegleitern als warmherzig beschrieben, seine Erscheinung sogar fast als magisch, wenn er dirigierte oder Proben leitete – im Gegensatz zu der eher düsteren Persönlichkeit Mrawinskij wird Jansons als freundlicher Gegenpol beschrieben, der Eleganz liebte und zu Publikum und Musikern freundschaftliche Verhältnisse pflegte.
Regelmäßig besuchte er auch die DDR und dirigierte zwischen 1964 und 1984 in insgesamt sechs Programmen die Sächsische Staatskapelle Dresden, darunter auch ein Verdi-Requiem zum Dresdner Gedenktag 1972 sowie weiterhin Werke von Dvořák, Rosenfeld, Schostakowitsch, Mozart und Beethoven. Die Dresdner Philharmonie und die Staatskapelle Weimar dirigierte er ebenfalls – auch mit der Philharmonie gibt es einen Konzertmitschnitt aus dem Jahr 1980, der allerdings auf CD nicht mehr im Handel ist – hier dirigierte Jansons die „Coriolan“-Ouvertüre von Beethoven und die „Symphonie Fantastique“ von Berlioz. Der Dirigent und Hochschulprofessor Christian Kluttig erinnert sich mit Hochachtung an Jansons, bei dem er an der Musikhochschule Weimar Meisterkurse besuchte – weitere bekannte Schüler von Jansons sind Hartmut Haenchen, Johannes Winkler, Christian Ehwald und Hans Graf.
Die CD mit der 6. Sinfonie von Peter Tschaikowsky, ist ein Konzertmitschnitt aus dem Kulturpalast vom 28. Mai 1971 und beim Label Weitblick erschienen – klanglich ist diese Einspielung natürlich auf der Höhe der damaligen Technik zu bewerten, interpretatorisch ist Jansons Sichtweise durchweg von hoher Konzertspannung getragen. Eine Rarität ist außerdem auf der CD zu finden: Jansons hatte damals eine Uraufführung im Programm, das „Rondo Leggiero“ des komponierenden Kapellmitgliedes Karl Friedrich (*1920) – Friedrich spielte 1951 bis 1985 bei den ersten Violinen. erst 2009 wurde in einem Kammerabend ein Streichquartett von Friedrich zu Gehör gebracht.