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Jedem Abschied wohnt ein Anfang inne

ottenbergNiederbobritzsch klingt einfach zu schön, um jemals umbenannt zu werden. Falls es aber doch einmal anstehen sollte, dem heute zu Bobritzsch-Hilbersdorf gehörenden Örtchen einen neuen Namen zu verpassen, käme Ottenberg durchaus in Frage. Denn er ist in diesem Flecken geboren, der Musikwissenschaftler Hans-Günter Ottenberg. Doch wann wurde schon mal ein Ort nach einem Wissenschaftler benannt, nach einem Kulturmenschen zumal?

Nur gut also, dass der am 2. März 1947 in eben jenem Niederbobritzsch geborene Hans-Günter Ottenberg seinen Namen beizeiten auf Buchtitel setzte, einen Lehrstuhl mit ihm geschmückt sowie Promotions- und Habilitationsurkunden damit versehen hat. Bis auf weiteres ist auch die jüngere Dresdner Musikwissenschaft mit Ottenbergs Namen verbunden. Und sowieso die Forschung in Sachen Carl Philipp Emanuel Bach.

Aber der Reihe nach: Hans-Günter Ottenberg, geboren im Sternzeichen der Fische, zur Welt gekommen eben in jenem mittelsächsischen Niederbobritzsch, er hat von Rostock aus, wo er Musikerziehung und Germanistik studierte, via Berlin, wo er an der Humboldt-Universität auch die Musikwissenschaften belegte und 1972 promoviert wurde, ein Lebenswerk angetreten. Das stand zwar sehr, aber lang nicht ausschliesslich im Zeichen von C. P. E. Bach, dem zweiten berühmten Bach-Sohn. Schon in den 1970er Jahren war Hans-Günter Ottenberg am Aufbau der deutschen Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Forschung beteiligt und wirkte als Dramaturg an der nach diesem als Berliner oder auch Hamburger Bach bezeichneten Komponisten benannten Konzerthalle in Frankfurt an der Oder.

Bald aber kehrte er gen Sachsen zurück und wurde wissenschaftlicher Oberassistenz an der TU Dresden. Im Jahr 1990 habilitierte er sich an der Universität Halle-Wittenberg und wurde drei Jahre darauf Professor für Musikwissenschaft an der TU Dresden.

Hier hat er sich in nunmehr einem Vierteljahrhundert ausgiebig mit dem Cembalo-Bach beschäftigt und insbesondere zu dessen 300. Geburtstag im vergangenen Jahr eine Reihe von Studentinnen und Studenten regelrecht infiziert, um sie für ein C.P.E.Bach-Projekt zu begeistern. Wobei historische Forschung und moderne Medien aufs Engste miteinander verknüpft werden konnten, wie die Webseite www.cpebach.de bestens beweist.

Der Wissenschaftler hat neben der reinen Lehre aber auch stets als Autor gewirkt und Schriften zu Clara und Robert Schumann herausgebracht („Clara und Robert Schumann in Dresden – eine Spurensuche“), er hat musikwissenschaftliche Symposien in Buchform distilliert und (teils gemeinsam mit Michael Heinemann) „Spuren zum Dresdner Musikleben im 19. Jahrhundert“ erforscht. Eine besondere Gabe des kenntnisreichen Enthusiasten ist die Vermittlung historischen Wissens in so lebhafter Weise, dass die Studiosi von heute seine Begeisterung aufnehmen und teilen. Die Sozialgeschichte der Musik, die Geschichte der Musikkritik und vor allem die Musikgeschichte des 18 Jahrhunderts wurden von ihm in fundiertester Form untersucht und beschrieben.

Das solch ein geisteswissenschaftliches Unikat wie Hans-Günter Ottenberg auch im bevorstehenden Unruhestand als Emeritus von sich reden machen wird, steht gewiss außer Frage.

 

Bis nächsten Freitag –

Michael Ernst

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