Im gestrigen Jubiläumskonzert zum fünfzigjährigen Bestehen des Sächsischen Landesgymnasiums für Musik in der Semperoper waren der Geiger Martin Funda und der Cellist Norbert Anger die herausragenden Solisten im Konzert für Violine und Violoncello op. 102 von Johannes Brahms. Dieses späte Konzert war eine Versöhnungsgeste des Komponisten gegenüber seinem langjährigen Freund, dem Violinvirtuosen Joseph Joachim, mit dem es zwischenzeitlich Eintrübungen der Freundschaft gegeben hatte. Die Solisten waren hervorragend aufeinander eingestimmt, spielten sich die Themen zu, und besonders vom Cellisten Norbert Anger, ehemaligem Schüler der Spezialschule für Musik und inzwischen Solocellist der Sächsischen Staatskapelle, gingen die musikantischen Impulse für das Zusammenspiel aus, ohne dass die klangvolle Rolle des Orchesters in den Hintergrund getreten wäre: ein würdiger Teil des ansprechenden und anspruchsvollen Programms.
Es bot zudem zwei Werke von Dmitri Schostakowitsch: Die Festliche Ouvertüre op. 96, 1954 für das Bolschoi-Theater als Eröffnung eines offiziellen Festaktes komponiert. Wie zumeist bei diesem Komponisten, muss man auch auf die Zwischentöne hören, die sich neben den vordergründigen Fanfarenklängen staatlicher Huldigungskunst hier in einem Selbstzitat aus seinem „Kinderalbum“ verstecken. Das Werk erwartet vom Orchester große Virtuosität aller Instrumentalgruppen, hier sind dennoch besonders die Holz- und Blechbläser zu erwähnen, und die war beim Jungen Sinfonieorchester Dresden uneingeschränkt vorhanden.
Das Orchester des Landesgymnasiums für Musik wurde diesmal durch einige Gäste und ehemalige Schüler verstärkt. Wolfgang Behrend war es gelungen, daraus ein klanglich ansprechendes und flexibles Orchester zu formen, das den hohen Ansprüchen des Programms in bester Weise entsprach. Direktor Mario Zecher zählte zwar die Anzahl der zu nutzenden Instrumente auf, es fehlten indes Hinweise auf die Besonderheit dieser Schulform, die dank vieler Helfer auch in den Ministerien die kritische Zeit nach 1990 überwinden konnte. Kultusministerin Brunhild Kurth bekannte sich in ihrem Grußwort ausdrücklich zur besonderen Bedeutung dieser Schule: sie liegt in einer Begabtenförderung, an der schulische und künstlerische Ausbildung gleichberechtigt ihren Sinn und ihre Aufgabe haben.
In der abschließenden 9. Sinfonie Es-Dur op.70 von Schostakowitsch war jedes Mitglied des Orchesters, unter ihnen auch Orchestersolisten, noch einmal stark gefordert – verlangt auch dieses Werk volle Professionalität. Der Komponist, der den Großteil seines Lebens unter den misstrauischen Augen des blutrünstigen Diktators Stalin verbrachte und wegen seiner eigensinnigen künstlerischen Gestaltungskraft mehrfach um sein Leben fürchten musste, arbeitete nach dem Sieg der Roten Armee über Hitler-Deutschland an einer Sinfonie. Jeder erwartete eine strahlende Siegeshymne. Stattdessen: ein Werk ohne auftrumpfendem Optimismus, voller spielerischer Leichtigkeit, mit Ironie und grotesken Zügen, nahe an den pfiffigen Zirkusmusiken, aber auch voller hintergründigem tiefem Ernst im langsamen Satz. Das war nicht nach dem Geschmack der stumpfsinnigen und unschöpferischen Kulturfunktionäre, so dass die Sinfonie sogleich verboten wurde: Sage noch jemand, einfache Töne haben keine Wirkung!
In der Unbekümmertheit um ideologische Erwartungen war diese Sinfonie so recht ein Werk für ein junges Orchester, das unter Behrends souveräner Leitung mit größtem Schwung musiziert wurde. Dieser Elan teilte sich auch der Konzertmeisterin Konstanze Heinicke (die im Programmheft bereits den Ehrentitel „Kammermusikerin“ trug) sichtbar mit; ihr Solo bewältigte sie tadellos.