Eine Nyckelharpa, auch Schlüsselfidel genannt – das ist ein Streichinstrument der Renaissance, das mit einem Bogen gestrichen wird, während die Klangsaite von seitlich angebrachten Tasten gedrückt wird. In der moderneren Fassung seit etwa 1920 sind drei bis vier Klangsaiten gespannt, die auch virtuoses chromatisches Spiel ermöglichen. Neben jeder richtigen Taste gibt es deshalb noch 46 falsche Tasten zu drücken. Außerdem sind zwölf Resonanzsaiten unterlegt, die mitschwingen und dem Instrument einen Klang wie von feinen Silberfäden verleihen. Wer Geige gelernt hat und damit unglücklich war, weil jeder Ton durch Fingerdruck auf eine Stahlsaite erzeugt werden muss, der ist mit diesem Instrument zufriedener, weil nun neben dem Streichen Tasten gedrückt werden können. Die Nyckelharpa verschwand im 18. Jahrhundert aus dem europäischen Musikleben und überlebte nur auf einem schmalen Landstrich im schwedischen Uppland bis heute. Seit der Wiederentdeckung in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts widmet sich eine internationale Musikergemeinde dem Nachbau der Instrumente, dem Ensemblespiel und dem Unterrichten; Treffpunkt für Seminare ist unter anderem die hessische Akademie Burg Fürsteneck.
In Quohren stellte sich das „NyckelharpaQuartett“ vor, das sich 2013 bei einem EU- Orchesterprojekt zusammengefunden hat und im März erstmals öffentlich auftrat. Dazu gehören die Österreicherin Susanne Brameshuber, Jule Bauer aus Aschaffenburg, Anette Osann, die zur Zeit in Dole/Frankreich auch als Instrumentenbauerin arbeitet sowie Caterina Other aus Quohren. Alle vier wirken als Dozentinnen, spielen in Kammermusikvereinigungen, nehmen an Meisterkursen teil und bildeten sich selbst zu Meisterinnen ihres Fachs aus. Die Musikerinnen stellten während des Konzerts die Spielweise des Instruments und die Werke vor, sodass die Zuhörer nicht nur einen klangvollen Abend erlebten, sondern auch Wissenswertes über die bisher weitgehend unbekannte Nyckelharpa mit nach Hause nehmen konnten.
Im Programm mit Werken aus fünf Jahrhunderten erklangen deutsche, italienische, französische, spanische, schwedische und englische Lieder und Tänze von Orlando Gibbons, Joseph Boimortier, Paul Peuerl und Giovanni Bassani. Darunter waren auch beliebte Stücke wie eines aus den „Scherzi musicali“ von Claudio Montevedi oder John Dowlands „Come again“, gesungen von Jule Bauer. Die Damen beließen es aber nicht bei Renaissance und Barock, sondern trugen auch Zeitgenössisches vor: ein eigens für Nyckelharpa-Quartett komponiertes Stück von Ron Winkler oder einen traditionellen schwedischen Tanz, arrangiert von der schwedischen Musikerin Vicky Swan.
Als Reverenz an eine ganz andere Stilistik erklang daneben ein Tango von Astor Piazzolla, aber den sollten die Musikerinnen lieber den mit diesem Stil Vertrauten überlassen – dem feinen Klang der Nyckelharpa fehlt eindeutig das erotische Moment eines Bandoneons oder Saxophons, während das klassische französische Chanson „Sous le ciel de paris“ von Hubert Giraud durch die Mischung von Gesang mit dem Quartett einen ganz eigenen Reiz hatte.
Am 27. November wird am gleichen Ort wieder eine Nyckelharpa erklingen, zusammen mit Gitarre und einer Sängerin, wenn das Trio „Tworna“ sein traditionelles Vor-Adventskonzert gibt.