Seitdem gibt es dort mutige Meinungen und ehrliche Gesichter. Für Touristen und Einheimische ein Indiz, dass Dresden (ausgerechnet dieser Hort geistigen Stillstands will als „Stadt der Bewegung“ in die Annalen eingehen!) auch Intelligenz, Wachheit und Widerstand zu bieten hat. Für Pegidianer, Pegidanisten und Pegidianistiker sowie für andere „Spaziergänger“ ein Stachel im nationalistisch patriotischen Fleische. Möglicherweise aber auch ein Anreiz zum Nachdenken, um sinnloserweise aufgerissene Gräben zu verfüllen, auf dass man besser drüberhinwegschreiten kann?
Mitnichten. Vorerst prüft das Sächsische Landesamt für Denkmalschutz, was die Stadt Dresden gegen diesen denkmalschützerisch nicht genehmigten Monitor unternimmt. „Dabei geht es nur um rein denkmalschutzrechtliche Belange, nicht um das, was auf dem Bildschirm gezeigt wird.“ Wer jetzt an „Mephisto“ Gründgens/Höfgen („Ich bin doch nur ein Künstler!“) denkt, liegt gewiss nicht ganz falsch. Ästheten hingegen mögen sich nun an Huhn und Ei reiben, an Inhalt und Form. Was war zuerst da, der Denkmalschutz oder das Leben?
Ich bin doch nur Künstler? Nur Konsument? Nur Krieger? Nein, ich bin Mensch und Teil der Gesellschaft. Will ich ernstgenommen werden, auch als Individuum? Dann sollte ich ernsthaft mitdenken und mitmischen wollen. Idealerweise nicht gegen-, sondern miteinander. Der Kopf ist tatsächlich nicht nur für die Mütze da. Auch nicht nur für den Friseur. Und unsere Wege sind nicht nur Gräben, sondern vor allem auch Brücken und Grenzübertretungen. Verbindende Wege.
In diesem Sinne, bis nächsten Freitag –
Michael Ernst