Verflixtes siebentes Jahr? Von wegen! Das verspricht ein spannendes Musikfest zu werden, was da heute für die 7. Internationalen Schostakowitsch-Tage Gohrisch angekündigt worden ist.
Ihre diesjährigen Schatten haben sie schon längst vorausgeworfen, etwa mit der Verleihung des Internationalen Schostakowitsch-Preises an den wahrlich legendären Dirigenten Gennadi Roschdestwenski Ende Januar. Der Meister ulkte im tief verschneiten Gohrisch über seine Zusammenarbeit mit dem Komponisten, gab spannende Anekdoten von sich und war sichtlich froh über das Zustandekommen eines solchen Festivals. Wenig später glitt er in Dresden, wo Schneeflocken Bestandsschutz genießen, auf glitschigem Boden aus und musste sein zweites Konzert mit der Philharmonie absagen. Im Sommer 2017 wird er ins Elbtal zurückkehren und das dann erste Sonderkonzert zu Beginn der 8. Schostakowitsch-Tage in der Semperoper dirigieren. Ein Lichtblick!
Doch zunächst steht erst einmal das diesjährige Festival bevor. Vom 24. Juni an werden sich Schostakowitsch-Jünger (und solche, die es werden wollen) wieder im hübschen Kurort in der Sächsischen Schweiz einfinden, um der Musik des russisch-sowjetischen Komponisten zu lauschen. In einer Scheune! Die hier selbstverständlich zur Konzertscheune mutiert. Mit überraschend toller Akustik, das hat sie längst vielfach bewiesen.
Allerdings wird es nicht nur und allein um das Schaffen des wohl berühmtesten Besuchers im Gohrischer Gästehaus des DDR-Ministerrats gehen (der hier 1960 sein Streichquartett Nr. 8 c-Moll op. 110 komponierte). Eingebettet ist dessen Werk diesmal – nach Wegbegleitern, Zeitzeugen und Nachgeborenen, die von seinem Einfluss und Vorbild zehren – in das Schaffen Ludwig van Beethovens und Hanns Eislers. Der dramaturgische Grundgedanke dazu klingt schlüssig: Beethoven war stets ein Leitbild für Schostakowitsch, sowohl musikalisch-stilistisch als auch inhaltlich-humanistisch. Und Eisler, wie fügt sich der in dieses Konstrukt?
Ganz einfach, indem zwangsläufig davon abgesehen wird, dass er nach wie vor nur als Schöpfer der DDR-Nationalhymne gilt (die sich melodisch so trefflich auf Peter Kreuders „Goodbye Johnny“ reimt), und statt dessen die Vielfalt seines OEuvres entdeckt wird. Die sei längst überfällig, attestierte Tobias Niederschlag, Konzertdramaturg der Sächsischen Staatskapelle Dresden und Künstlerischer Leiter der Schostakowitsch-Tage Gohrisch.
So wird das belgische Quatuor Danel im Eröffnungskonzert Beethovens Streichquartett Nr. 13, Eislers Streichquartett op. 75 und Schostakowitschs 15. und letztes Streichquartett interpretieren. Tags drauf gibt es vormittags eine Podiumsveranstaltung, die sich dem „Komponieren im Schatten des Eisernen Vorhangs“ widmet. Eine Tatsache, die Schostakowitsch und Eisler verbindet.
Mit einem Wanderkonzert führen Peter Kopp und das Vocal Concert Dresden ihr Publikum bei freiem Eintritt mit „Volksliedern“ beider Komponisten durch den Kurort (bei schlechtem Wetter auch in die Konzertscheune).
Ein Kammerabend bringt am Festspiel-Samstag eine nie dagewesene Trio-Formation hervor, in der die Pianistin Anna Vinnitskaya, Cellist Isang Enders sowie der Konzertmeister Matthias Wollong mitwirken und alle drei diesjährigen Komponisten vorstellen werden. Danach folgt zu später Stunde sogar noch ein Nachtkonzert mit Peter Rösel, der Beethovens „Mondscheinsonate“ und gemeinsam mit Sebastian Herberg, Solobratscher der Staatskapelle, Schostakowitschs C-Dur-Sonate für Viola und Klavier aufführen wird. In einer sonntäglichen Matinee umrahmt das Dresdner Streichquartett die Präsentation der im Henschel-Verlag erschienenen Biografie des Dirigenten Michail Jurowski, der zu den regelmäßigen Gästen der Schostakowitsch-Tage zählt. Im Abschlusskonzert schließlich werden Musikerinnen und Musiker der Sächsischen Staatskapelle einmal mehr Werke von Beethoven und Schostakowitsch aufführen, garniert mit Paul Dessaus Quintett für Oboe, Klarinette, Fagott und Horn sowie mit Hanns Eislers berühmtem Divertimento „Vierzehn Arten, den Regen zu beschreiben“, zu dem der gleichnamige Stummfilm von Joris Ivens aus dem Jahr 1929 gezeigt werden soll.