Letzten Freitag war der Welttag des Tanzes. Seit 1982 gibt es diesen Tag, ausgerufen vom vom Internationalen Komitee des Tanzes des Internationalen Theater Institutes (ITI) der UNESCO, um den Tanz als universelle Sprache in der Welt zu würdigen. Der 29. April ist der Geburtstag des französischen Tänzers und Choreografen Jean-Georges Noverre ( 1727–1810 ), der nicht zuletzt durch seine theoretischen Schriften als Begründer des modernen Balletts gilt.
Die jährliche Botschaft zum Welttanztag hat in diesem Jahr der samoanische Choreograph, Theaterregisseur, Bühnenbildner und Künstler Salā Lemi Ponifasio geschrieben. Mit einem Karakia verfasst Lemi Ponifasio seine Message, seine Gedanken zum Tanz, die sich in seinen Arbeiten stets um dringliche gesellschaftliche Themen drehen. Ein Karakia ist in der Sprache der Maori ein Gebet. Ponifasio sendet seine Botschaft zum Tanz mit Blick auf unsere Zeit: weltlich, geistlich und auch zeitlos. In diesem Gebet wird der Tanz als eine Bewegung der Liebe und der Gerechtigkeit angerufen, die zum Licht der Wahrheit führt.
Wenige Tage zuvor gab die Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst als Schirmherrin der 25. Tanzwoche Dresden in ihren Grußwort zur Jubiläumsgala des Festivals im Theater der Landesbühnen Sachsen bekannt, dass der von ihrer Vorgängerin Sabine von Schorlemer ins Leben gerufene Tanzpreis Sachsen seine Fortsetzung finde, dass demnächst die zweite Runde ausgelobt wird, der Preis dann im vierten Quartal des nächsten Jahres verliehen wird, mit 10.000 € dotiert ist, wiederum unterstützt von der Sparkassen-Versicherung Sachsen und dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst.
Die konzeptionelle Veränderung des weiterhin aller zwei Jahre zu vergebenden Preises aber darf man als deutliches Signal verstehen, die freie Tanzszene Sachsens stärker zu beachten, zu fördern und auszuzeichnen. Denn künftig hat die berufene Fachjury die Aufgabe, zwei Preise zu verleihen – einer davon muss in die freie Szene gehen und wird im Gegensatz zur bisherigen Praxis mit seinem Namen an die Leipziger Tänzerin Ursula Cain erinnern. Bisher wurde ein Preis verliehen; erster Preisträger war die Tanzcompany der Landesbühnen Sachsen mit ihrem Tanzabend »Brel«.
Zur Fortsetzung sagt die Ministerin: „Mit dem zweiten Durchgang des Sächsischen Tanzpreises setzen wir die lange Tradition Sachsens als Wiege des Ausdruckstanzes fort. Der Preis greift die aktuellen Strömungen auf und berücksichtigt gleichzeitig die Bedürfnisse der Tanzszene. Der Preis ist nicht einer unter vielen, sondern bildet das gesamte sächsische Tanzspektrum ab. Einen vergleichbaren Tanzpreis findet man in keinem anderen Bundesland.“ Also im Klartext: der »Ursula-Cain-Preis« geht in die freie Szene, dotiert mit 5000 €; der Sächsische Tanzpreis, ebenfalls mit 5000 € dotiert, bezieht nominierte Produktionen der Stadt- und Staatstheater mit ein. Was am Ende gar bedeuten könnte, dass beide Preise in die freie Szene gehen. Dieser Einsatz für diesen bislang sehr überschaubaren Bereich des Tanzes macht letztlich aber nur Sinn, wenn damit entsprechende Förderkriterien einher gehen werden, die Produktions- und Aufführungschancen entsprechende Erweiterung erfahren.
Die beginnt am 29. September mit einem gemischten Ballettabend. Zunächst Arbeiten von William Forsythe und dem Choreografen Rafael Bonachela von der Sidney Dance Company. Als Novum für Hellerau wird es zur Premiere von Forsythes »One Flat Thing, Reproduced« für 14 Tänzer und 20 Tische aus dem Jahre 2000, die auch verfilmt wurde, zudem eine künstlerische Kooperation mit der Hochschule für Darstellende Kunst Frankfurt und der Palucca Hochschule Dresden geben. Das Stück war auch bereits beim zweiten Gastspiel der Forsythe Company mit einem dreiteiligen Abend im Februar 2006 im Dresdner Schauspielhaus zu sehen und wurde damals vom Publikum gefeiert.
Die Koproduktion mit der Sidney Dance Company von Rafael Bonachela heißt »Lux Tenebris« und geht dem Einfluss von Licht und Dunkelheit auf unsere Stimmungen und Erinnerungen nach, wobei das Raum- und Lichtdesign von Ben Cisterne von besonderer Bedeutung sein wird. Nach der Aufführung am 2. Oktober gibt es noch eine Besonderheit: Erstmals in Dresden, gemeinsam mit den Tänzerinnen und Tänzern in eigenen Choreografien, tritt der Sänger Shantel mit seiner Band Bucovina Club Orchestra auf. Ausgehend von dem Gedanken „Intoleranz hat nichts Intelligentes“ entstand die Idee zu diesem Projekt um „#WOD Initiative für ein weltoffenes Dresden“ zu unterstützen.
Als nächste Premiere ist für den 16. November in Hellerau ein Abend in drei Teilen angekündigt, erstmals mit Livemusik. Musiker des Ensembles Modern und der Pianist Ruslan Bezbrozh arbeiten mit der Company. Jacopo Godani bereitet die Neufassung seiner Choreografie »Magnitude 9« zum Streichquartett Nr. 4 von Béla Bártok vor, dazu eine choreografische Uraufführung zu Maurice Ravels »Ondine« & »Le Gibet« aus »Gaspard de la Nuit«, bei der in bewährter Zusammenarbeit mit 48 Nord (Ulrich Müller & Siegfried Rössert) zum Klavierpart ein Soundhintergrund entsteht. Den Abschluss bildet ein Auszug aus dem ersten Programm der Company in Dresden, »The Primate Trilogy«. Für Jacopo Godani spiegelt diese Arbeit die Kennwerte der Company: „physische Intensität – voller Aktion und Genauigkeit, sowie mathematische Präzision“.
Diese Kennwerte werden sicher auch die dritte Premiere in Dresden am 24. Mai bestimmen. Aber zum Inhalt seiner angekündigten Uraufführung hüllt sich Jacopo Godani noch in Schweigen, nur so viel ist zu erfahren, es wird sich um eine Folge kürzerer Choreografien handeln, bei der aus einer Reihe von Pas de deux ein Mosaik entstehen wird, bei dem Godani der Unendlichkeit der Kombinationen einer formalen wie der des klassischen Pas de deux nachspüren wird. Damit könnte er entscheidende Akzente für die anhaltende Diskussion um die Verbindung von Klassik und Moderne des Tanzes und des Balletts setzten. Und wo sollte dafür ein besserer Ort sein als im Festspielhaus in Hellerau?