Zum 10. Mal hat der Freundeskreis des Landesgymnasiums für Musik am 2. Mai 2016 zu einem »Brückenkonzert« eingeladen. Seit 2011 musizieren ehemalige Absolventen mit Schülern dieser Ausbildungsstätte, stellen ihren heutigen Leistungsstand vor und bilden so eine Brücke vom Gestern zum Heute. Der heutige 29jährige Solocellist der Sächsischen Staatskapelle Dresden und des Bayreuther Festspiel-Orchesters, Norbert Anger, musste allerdings erklären, dass er sich nicht als Gestriger fühlte, als er mit der elfjährigen Friederike Herold das Konzert beschloss.
Norbert Anger hatte ein sehr anspruchsvolles Programm gemeinsam mit seinem Vater, dem Dresdner Hochschulprofessor und Konzertpianisten Gunther Anger erarbeitet. Wo sonst bekommt man an einem Abend drei so gewichtige Werke der Kammermusik in mitreißender Interpretation zu hören? Zu Beginn erklang Ludwig van Beethovens Sonate op. 102, die schon dem komplexen Spätwerk, mit den letzten Klaviersonaten und Streichquartetten, zuzurechnen ist. Die Interpretation dieses schwierigen, oft sperrigen Stückes war bei Norbert Anger in den besten Händen. Sodann die Sonate für Violoncello und Klavier von Claude Debussy, in die der Komponist im Kriegsjahr1915 nicht nur betont auf bedeutende französische Komponisten Bezug nimmt, sondern seine musikalischen Sprachmittel extrem in Richtung Neue Musik erweitert – auch ein Werk, das von den Ausführenden und den Hörern ganze Arbeit erfordert. Und die Sonate e-Moll op. 38 von Johannes Brahms, mit der der Komponist sein Frühwerk abschließt und schon in Richtung »Deutsches Requiem« weist. Auch hier erklang abschließend eine kräftige Fuge. Wenn der Sohn mit dem Vater ein so harmonisches Duo bildet, dann ist dies die Gewähr für ein Musizieren auf höchstem Niveau, das in dieser Unmittelbarkeit heute selten geboten wird.
Das Kontrastprogramm bestritten die Nachwuchskräfte: Friederike Herold, einfühlsam begleitet von Adriana Mladenova, ließ in der»Élégie« den ganzen Zauber der Melodik des französischen Komponisten Gabriel Fauré erstrahlen. Man wundert sich, woher diese kleine Person, kaum größer als ihr Instrument, die Kraft und den Ausdruck nimmt. Aber sie spielt seit dem vierten Lebensjahr das Violoncello und brachte bereits Preise von internationalen Wettbewerben nach Hause. Im Herbst wird sie dann reguläre Schülerin des Landesgymnasiums werden. Im Adagio und Rondo von Carl Maria von Weber, der Bearbeitung eines Werkes für Harmonichord (ein Instrument aus Dresden, das Klavier und Geige im Klang vereinigen wollte), ließ die junge Cellistin zugleich eine stupende Technik hören. Ein Streichquartett mit Charlotte Thiele, Samira Dietze, Miriam Solle und Lukas Plag ließ sich mit einem der bekannten Quartette KV 458 von Wolfgang Amadeus Mozart hören. Sie gingen das Werk durchweg forsch an. Wenn auch nicht alle Feinheiten der Mozartschen Kunst dabei zur Entfaltung kamen, überzeugte doch die jugendliche Frische der musikalischen Darstellung.
Nach gehörigem Beifall für alle Mitwirkenden erklang, wie schon erwähnt, als Zugabe die »Preghiera« (Gebet), der zweite Satz aus Franz Schuberts Oktett F-Dur, das sich als Solostück bei den Cellisten großer Beliebtheit erfreut und durch Erweiterung um eine zweite Stimme für ein weiteres Violoncello sein Eigenleben weiter entwickelt. So soll das elegische Stück im Mai diesen Jahres bei einem Festival in der Schweiz die auch in Dresden international bekannte Cellistin Sol Gabetta erfreuen.