Zu einem besonderen Ereignis wurde das Sinfoniekonzert am Himmelfahrtstag in der Semperoper. Herbert Blomstedt, der seit 1969 mit dem Orchester Kontakt hat, von 1975 bis 1985 sogar Chefdirigent des traditionsreichen Ensembles war, wurde nun im 10. der Konzertabende der Saison 1915/16 zum Ehrendirigenten ernannt. Er hat in den 47 Jahren mit dem Orchester als Gast und zehn davon auch als Chef gearbeitet, es mitgeprägt in Klang und Stil und habe – wie er selbst formulierte – „hier gelernt, was Musik wirklich ist“. Orchester und Publikum dankten ihm mit anhaltend stürmischem Beifall und Standing Ovations dafür und das Konzert zeigte mit Beethovens 7.Sinfonie noch einmal, was das Publikum von ihm lernen wollte: intensives Zuhörenkönnen für eine prägnante und durchsichtige Interpretation jenes Werkes, das Richard Wagner in diesem Hause einmal als „Apotheose des Tanzes“ erlebte, die er mit dieser „Wunderharfe“ in den 1840er Jahren selbst gestalten konnte.
Herbert Blomstedt, der sinnfällig jeweils den ersten und zweiten sowie den dritten und vierten Satz ohne Pause folgen ließ, schuf eine einprägsame Aufführung, die in der Klarheit der Gestaltung, der thematischen Arbeit und der rhythmischen Prägnanz Staunen machte. Atemlos sah und hörte man die Schönheit und den Schwung dieses klassischen Werkes.
Das am Anfang stehende Solokonzert war dem Klavier gewidmet. Max Regers selten gespieltes Klavierkonzert f-Moll von 1910 galt dem 100.Todestag des Komponisten. Das Werk ist eigentlich eine konzertante Sinfonie, in der nicht nur enorme Virtuosität gefordert ist, sondern auch eine sinfonische Durchgestaltung der für Reger typischen, stürmisch vorantreibenden Unruhe. Gewaltige Klangwogen entfalten sich, zerrinnen wieder, beginnen von neuem, heben sich auf……Dass dabei im zweiten Thema des 1.Satzes der Komponist sein „Benedictus“ aus der Orgelmesse als beruhigendes Element zitiert, entspricht ganz jener Haltung, die vor allem seine Orgelwerke prägt, jene Werkgattung, deren erste Komposition op.16 er „den Manen Joh.Seb.Bach’s“ gewidmet hat. Dessen Choralbearbeitung „Wenn ich einmal soll scheiden“ hat er dann auch für den 2. Satz grundlegend gewählt. Und wenn Reger einmal zur „Symphonischen Phantasie und Fuge“ für Orgel meinte, sie sei von den Visionen des Danteschen „Infernos“ inspiriert gewesen, so geschah das auch hier und das tröstende „Benedictus“ hat seinen rechten Platz. Im Finale des Konzerts dominiert jene bajuvarische Beschwingtheit, die von umwerfender Gewalt und für den 40jährigen Reger auch typisch ist. Herbert Blomstedt vermochte hier mit der ihm eigenen Seriosität die expandierenden Kräfte so in der Balance zu halten, dass der Pianist Peter Serkin mit einem expressiven Kraftakt sie voll ausspielen konnte. Immerhin – er ist der Sohn von Rudolf Serkin, der gerade dieses Werk mit seiner Interpretation zu internationaler Anerkennung verhalf. Auch Sohn Peter Serkin gab den gegensatzgeprägten Klangbildern jene Ausdruckskraft, die zu faszinieren vermochte.
Friedbert Streller