Die erste Fotografie ist ein Schock: Franz Josef Strauß. Nicht mit einem Bierkrug, sondern an einer Maschinenpistole. Ursula von der Leyens Vorvorgänger in Fragen der militärischen Wiederaufrüstung fingert an einer Uzi, benannt nach Erfinder Uziel Gal, der 1923 in Weimar zur Welt kam. Mit dieser Waffe ist nicht nur die israelische Armee ausgestattet. Mit ihr wird auf dem ganzen Globus geschossen und gemordet.
Strauß war einer der ersten bundesdeutschen Nachkriegspolitiker, die Waffengeschäfte mit Israel betrieben haben. Erst heimlich, dann und bis heute unheimlich. Zuvor war der CSU-Chef freilich Mitglied der Spruchkammer in Schongau und als Nationalsozialistischer Führungsoffizier für „wehrgeistige Führung“ zuständig.
Diese Fotografie ist aber auch ein Indiz für Offenheit im Umgang mit der deutsch-israelischen Geschichte. Denn wie es scheint, wird hier nichts beschönigt oder unter den Tisch fallen gelassen. Die noch bis zum 19. Mai im Deutschen Hygiene-Museum gezeigte Ausstellung »Israelis & Deutsche« bezieht sich auf die seit mehr als einem halben Jahrhundert bestehenden Beziehungen zwischen den Menschen beider Länder. Die spart Differenzen nicht aus, wie sie etwa zum ersten Besuch eines deutschen Politikers in Israel mit heftigen Protesten ausgetragen worden sind. Vor allem aber macht sie in Bild und Text die allmähliche Annäherung deutlich, den Weg der Menschen, wieder miteinander ins Gespräch zu kommen. Wirtschaftliche und Sicherheitsinteressen spielen darin eine Rolle, Bündnisfragen sowieso; doch insbesondere auf kulturellem Gebiet – wozu ausdrücklich auch der Sport zählt – ging es um Austausch, Verständnis und den Wunsch, sich kennenzulernen.
Wenn die Musikfestspiele in diesem Jahr mit ausgewählten Programmen daran anknüpfen, wirkt das wie ein Meilenstein zur rechten Zeit. Im Gershwin-Abend von Sebastian Knauer etwa hat die Schauspielerin Martina Gedeck sehr feinfühlig darauf hingewiesen, dass auch die Familie George Gershwins einen bewegten Hintergrund hatte. Was wäre aus ihnen in Europa, was in Russland geworden? Die Nazis haben Gershwins Musik als entartet verboten und drohten im besetzten Kopenhagen gar mit der Sprengung des Opernhauses, wenn die „Negeroper“ »Porgy and Bess« nicht abgesetzt würde.
Wie viel Normalität haben wir inzwischen erreicht – und wie gefährdet ist diese doch! Da mag an es als äußerst wohltuend empfinden, dass solche Abende zum Nachdenken anregen. Und man darf sich freuen auf mehrere Konzerte von und mit Omer Meir Wellber, der als Pianist sowie als Dirigent des von ihm geleiteten Israel Philharmonic Orchestra zu erleben sein wird. Das diesjährige Residenzorchester der Festspiele spannt den Bogen von Schostakowitschs 6. Sinfonie aus dem düsteren Jahr 1939 hin zum jüdischer und arabischer Folklore, vom humanistischen Freigeist Mozart über Tschaikowskis emotionsgeladenes Violinkonzert bis hin zur »Sinfonie der Tausend«, der Achten von Gustav Mahler.
Verbindungen sind angesagt, die für Mitwirkende und Publikum unvergesslich sein werden. Vielleicht sehen es irgendwann auch die konservativsten Politiker ein, dass Musik wesentlich mehr und Besseres stiftet als alle Waffen der Welt.