Die letzte Oper Puccinis, unvollendet hinterlassen und von Franco Alfano in den nur skizzenhaft angedeuteten beschließenden 20 Minuten vollendet, ist geprägt von einem etwas anderen Meister als, man ihn in der »Boheme« oder »Butterfly« kennt. Die ’sweet tones‘ dieser Werke sind vergessen. Eine herbere Tonsprache prägt das Bild der Prinzessin Turandot, die männermordende eiserne, ja eisige Jungfrau. Doch der die gefährlichen Rätsel Turandots lösende unbekannte Prinz gibt ihr am Ende das Rätsel nach seinem Namen auf. Trotz Verfolgung und Folter gelingt ihr die Lösung keineswegs. Opfer ist die den Prinzen liebende Sklavin Liu; sie nimmt den Namen Calaf mit in den Tod. Hier endete die schöpferische Fantasie des Komponisten. Für die Wandlung von der mordenden Mänade zur liebenden Gattin des Prinzen Calaf fehlte Puccini die Inspiration. Oft wurde die Oper so unvollendet aufgeführt und schloss mit dem Opfertode der Liu.
Die Leipziger, von Anfang an auf die herberen Töne der auf asiatische Folklore abgestimmten Musik abzielend, führten das Werk in der Endfassung von Franco Alfano auf. Dem Dirigenten des Abends, Erster Gastdirigent Matthias Foremny, gelang es, den dramatischen Grundton und die moderneren Klangwirkungen mit dem Gewandhausorchester überzeugend auszuarbeiten. So entstand eine spannungsvolle Wiedergabe, die auch von Gesangssolisten von Format sowie besonders vom Chor des Hauses samt Zusatz- und Kinderchor mitgetragen wurde. Da auch die Komparserie eingebunden war, entstanden machtvolle, ja gewaltige Ensembleszenen von fast expressionistischer Wirkung. Die Regie von Balazs Kovalik setzte gerade auf diese Massenszenen, dadurch blieben die führenden Sänger etwas im Hintergrund, vermochten sich aber kraft ihrer stimmlichen Gestaltung ausdrucksstark in Szene zu setzen. Da war der italienische Tenor von Leonardo Caimi als beeindruckender Calaf neben der Amerikanerin Jennifer Wilson als kraftvolle Turandot und besonders die mädchenhafte Sklavin Liu mit der beeindruckend gestaltenden ukrainischen Sängerin Olena Tokar sowie die u.a. auch die Minister Ping, Pong, Pang in internationaler Besetzung. Auch wenn die Regiefühung den Partnerbeziegungen auf der Szene wenig Beachtung schenkte, so entstand dennoch ein packender Eindruck durch die markante musikalische Führung, die manches an unklar lassenden Regieeinfällen vergessen machte. Der innere Zug der spannungsgeladenen Oper kam atemberaubend von der Bühne. Und der am Ende losbrechende Beifall belohnte gerade diese packende Wirkung einer Aufführung, die tief bewegte.