Autsch! Dieter David Scholz hat gestern die erste Premiere der Staatsoperette miterlebt. Sein Urteil: die Regie zu »Orpheus in der Unterwelt« sei viel zu harmlos, brav und eindimensional, die Inszenierung banal und bieder, uninspiriert und dröge, sie langweile schlicht. „Es fehlt an ‚drive‘, das ‚timing‘ ist lahm, und die Ausstattung tut ein Übriges, das Stück zu verblödeln.“ Aua, denkt da die MDR-Moderatorin bei sich, und fragt nach: „Hat wenigstens die musikalische Seite der Aufführung Offenbach Gerechtigkeit widerfahren lassen?“ Scholz legt jetzt nach: leider sei dies alles unter Andreas Schüller zu langsam, zu schwerfällig, einfach ironiefrei! Alles Pfeffrige, bissige der Musik sei dem Hörer vorenthalten worden. Mit bebender Stimme gibt nun die Moderatorin das Stichwort zum versöhnenden Schlusswort, sie bekniet den Kritiker: „Konnten denn wenigstens die Sänger noch irgendwas rausreißen?“ Bündige Antwort Scholz: „Nein. Im Grunde ist die gesamte Besetzung (mit einer Ausnahme) ein Missverständnis. Diese erste Produktion ist alles andere als der Auftakt zu einer neuen Ära! Glanzlos, holprig, eine herbe Enttäuschung!“
Eine Einzelmeinung? Tatsächlich ist dieser »Orpheus« schlicht verschenkt, „unterirdisch“, so auch der Eindruck unseres Kritikers Michael Ernst. Jens-Daniel Schubert (Sächsische Zeitung) schulterzuckend: „Der Verweis, dass im neuen Haus alles besser werden wird, zieht jetzt nicht mehr.“ Oder Boris Gruhl: „So ist das eben zu Weihnachten. Die Geschenke sind groß, die Verpackungen verheißen viel, nicht selten aber enttäuschen die Inhalte.“ (DNN) Tatsächlich war die sehr gute Saalakustik zum Gala-Abend am Freitag kein Erweckungserlebnis, sondern ein Offenbarungseid: was, so klingt das Orchester der Staatsoperette, so klingen die Sänger hier? Premierenangst und die anfänglichen Sperenzchen im Umgang mit einer neuen Spielstätte, jaja, aber beides hatten die Kollegen vom tjg doch auch. Und die haben euch am Freitag mit derbem Witz, mit Charme und frischblutiger Leidenschaft von Minute zu Minute deutlicher hornalt aussehen lassen.
Von hier aus kann es mithin nur aufwärts gehen, liebe Staatsoperette Dresden – trau dir, bitte trau dir doch mehr zu! Lass diese verschwurbelte Leubener Verklemmtheit, die anbiedernd-artige Liebenswürdigkeit mit dem alten Haus untergehen. Das hier ist Dresden, das ist das Zentrum, das will „DIE ZUKUNFT“ sein, wie die Sänger am Freitag zur Gala hoffnungsfroh in den Bühnenhimmel riefen! Also los, Scheuklappen ab, liebe Sänger, liebe Regisseure, nervt uns, piekst uns, unterhaltet uns gern, aber gebt uns bitte auch was zu denken auf, und dann gemeinsam und mit vavavoom auf in die Zukunft!