Mit zwei beeindruckenden Interpretationen überzeugte der amtierende Chefdirigent beim diesjährigen Philharmonie-Weihnachtskonzert im Albertinum. Am Beginn stand Beethovens sinfonischer Erstling aus dem Jahre 1800. Sucht man nach einem verdeckten Programm, so findet man es darin, dass der Komponist das Werk unmittelbar nach der Uraufführung seiner Ballettmusik »Die Geschöpfe des Prometheus« niederschrieb. Die Ouvertüre dazu erscheint bei näherem Blick bis ins Detail als Variation des 1. Satzes der Sinfonie. So offenbart sich die gedankliche Nähe zur Prometheus-Legende. Im Konzert war das als prometheisch drangvoll vorwärtstreibende, mitreissend markante Interpretation zu erleben. Der 2. Satz blieb in der Tradition der Sinfonien Joseph Haydns, um im 3.Satz, Menuetto überschrieben, jenen drängenden Geist des 1. Satzes in der Art eines stürmischen Scherzo wieder aufzunehmen. Das Finale führt diese Prometheus-Sinfonie in kraftvollem Jubel zu Ende. Das alles kam überzeugend und packend zum Ausdruck. Begeisterter Beifall!
Ganz anders vor allem im Auskosten der klanglichen Möglichkeiten des voll besetzten philharmonischen Orchesters Rimski-Korsakows »Scheherazade« nach der orientalischen Sammlung »Tausendundeine Nacht«. Scheherazade wird durch ein Violinsolo verkörpert (Solistin: Heike Janicke). Der Sultan, ein verbitterter Frauenfeind, fordert jede Nacht ein spannendes Märchen – oder die Erzählerin erwartet der Tod. Die Geschichten, die Scheherazade zu erzählen vermag, finden am Ende Lösung darin, dass der Sultan sie zur Sultanin nimmt. In der viersätzigen Suite »Scheherazade« von 1888 offenbart der russische Komponist, den man einst als „Magier des Orchesters“ rühmte, seine fantasievolle Behandlung der Instrumentation. Dass dies glanzvoll zur Geltung kam, war die fantastische Leistung von Dirigent und Orchester. Die Einleitung war geprägt von zwei Themen, die immer wieder in den Sätzen anklingen: das der Scheherazade mit dem Violinsolo und das des bösen, drohend einfallenden, grollenden Sultans im Violoncello und den Bässen. Vier Geschichten wurden bildhaft vorgestellt (zu denen Carolin Masur Geschichten in den Satzpausen eindrucksvoll einfügte); zuerst das des Seefahrers Sindbad. Das gelang Rimski-Korsakow so plastisch, weil der Komponist als Seekadett eine dreijährige Weltreise auf dem Schulschiff »Almas« erleben konnte. Ein burleskes Bild vom eulenspiegelhaften Prinzen Kalender prägte das Scherzo (2.Satz). Die Liebesgeschichten von Prinz und Prinzessin schlossen sich mit innig liedhaften Kantilenen im Andantino an. Im Finale entfesselt der Komponist schließlich Tanzbilder eines Festes in Bagdad und führt den Sultan nach letztem Aufgrollen in Anlehnung an die Klänge des 1. Satzes zur Wandlung (Schiffbruch am Magnetberg). Er nimmt Scheherazade als beste Erzählerin zur Gattin. Wie Michael Sanderling die Klangbilder fantastisch und fesselnd zu gestalten vermochte, war faszinierend. Langanhaltender Beifall lohnte erneut den Einsatz.