Petr Popelka, im Programmheft des Konzerts am Sonntag sind elf Komponisten genannt, die Sie künstlerisch beeinflusst haben. Und ganz verschiedene noch dazu, von Janáček bis Lachenmann…
Ja, das stimmt. Jeder Künstler ist von Vorbildern inspiriert, glaube ich. Kein Koch kocht nur mit Wasser. Man hört ein Stück, und es hinterlässt Eindrücke… Ich verarbeite solche Eindrücke dann in meinen Kompositionen. Eins meiner Idole, Martinů, hat eine spannende kompositorische Entwicklung hinter sich: vom Impressionismus über den Neoklassizismus und Jazz-Inspirationen, bis er schließlich in den 30er Jahren seinen eigenen unverwechselbaren Stil gefunden hat. Nachdem er Werke von einigen Kollegen wie Igor Stravinsky gehört hatte, konnte er einfach nicht mehr so komponieren wie früher! Das ist mir auch so gegangen. Als ich Kurtág oder Berg oder Berio gehört habe, war der Kontakt so stark – das hat mich nicht in Ruhe gelassen…
Da sind Sie als Kontrabassist der Staatskapelle natürlich an der Quelle – jetzt müssten wir also nur den Konzertplan zur Hand nehmen und bekommen eine Ahnung, wer Sie als nächstes beeinflusst…?
Ha, genau. Kompositionen beginnen eigentlich immer mit solchen Inspirationen. Lutosławski zum Beispiel hat seinen Kompositionszugang total verändert, nachdem er das Klavierkonzert von John Cage gehört hatte. Danach hat er völlig neu komponiert! Er sagte damals: wenn ein Komponist etwas hört, komponiert er dabei immer im Kopf weiter… So geht es mir auch, ob ich nun Henze oder Schostakowitsch höre. Aus dem Tonmaterial entstehen neue Kontexte, und das sind dann meine eigenen.
Wie haben Sie dann zu den Klängen der »Kleinen Suite« gefunden, die am Sonntag uraufgeführt wird?
Wenn man weiß, für wen man schreibt, arbeitet es sich ja viel leichter. Ich wusste genau, ich schreibe für meine lieben Kolleginnen, da ist meine Klangvorstellung dann verbunden mit der Art, wie sie Musik machen. In der »Kleinen Suite« nehme ich in jedem Satz eine bestimmte Grundidee, und diese Idee arbeite ich dann aus und ziehe musikalische Konsequenzen. So entsteht die Form der Suite.
Wie arbeiten Sie denn mit den Musikern, mit Ihren Kollegen im Alltag, an der Interpretation? Ich stelle mir das spannend vor, aber auch nicht ganz problemlos.
Das ist wirklich immer schwierig. Ich weiß nicht, ob das bei jedem Komponisten so ist: wenn ich die Noten geschrieben habe und zum ersten Mal höre, bin ich immer wahnsinnig aufgeregt. Wenn ich dann nicht höre, was ich mir vorgestellt habe, werde ich noch nervöser! Egal ob das ein Kollege ist oder nicht. Aber Sie haben recht, mit Kollegen ist das noch schwieriger… Man macht so viel Musik zusammen, und jetzt sage ich, spiel das mal lieber so und so… Aber mit dem Trio, dem Ensemble Bento, war es einfach. Warum? Weil es von der ersten Probe an eigentlich schon so klang, wie ich es mir vorgestellt habe.
Wenn Sie ein Werk dann das erste Mal in einer Aufführung gehört haben, ist es für Sie „fertig“, Sie lassen los und geben es den Musikern anheim? Oder machen Sie gelegentlich noch Änderungen in der Partitur?
Doch, ja, unbedingt. Wir haben Teile der Suite schon vor einer Woche gespielt. Danach musste ich unbedingt etwas ändern an der Spieltechnik im Klavier, weil es nicht so klang, wie ich es mir vorgestellt hatte. Da hat Paul Rivinius dann beispielsweise etwas oktaviert.
Wenn wir über den Sonntag hinausblicken – woran schreiben Sie gerade? Wer oder was inspiriert Sie, weiterzukomponieren?
Interessante Frage… Mir hat an der »Suite« gefallen, die Grenzen neu zu setzen, für dieses Stück eine innere Logik zu entwickeln. Da ist mir vielleicht noch nicht alles gelungen, so wie ich dachte. Ich denke also nicht an ein konkretes neues Stück, aber ich habe jetzt einen Weg vor mir, wie es von diesem Werk aus weitergehen könnte. Mit jedem neuen Stück kommt eigentlich eine neue künstlerische Entwicklung. Ich denke also an bestimmte Wege, Formen oder Ideen. Aber ob das nächste Stück dann für Klarinette, Tuba oder zwei Fagotte ist, das weiß ich noch nicht…
Vielen Dank für das Gespräch.
26. März 2017, 20 Uhr, Semperoper
7. Kammerabend
Ensemble Bento
Paul Rivinius KLAVIER
Sabine Kittel FLÖTE
Anke Heyn VIOLONCELLO
Jean Françaix
Trio für Flöte, Violoncello und Klavier
Petr Popelka
Kleine Suite für Flöte, Violoncello und Klavier, Uraufführung
Felix Mendelssohn Bartholdy
Trio c-Moll op. 66 für Klavier, Violine (Flöte) und Violoncello