Dass Musik Ausdruckswelten vermitteln kann, die ans Ewige rühren, wird immer wieder angesprochen. Im Konzert der Philharmonie am Beginn der Karwoche wählte der seit 2014 als Erster Gastdirigent wirkende Bertrand de Billy ein Programm, das die religiösen Ansätze dieses Themas in den Blick nahm.
Der junge, noch gerade einmal 28jährige Richard Strauss hatte 1890 mit seiner Tondichtung »Don Juan« eine Komposition vorgelegt, die für ihn der Durchbruch zu allgemeiner Anerkennung war. Es ist ein Werk, das in E-Dur den voranstürmenden Jüngling erfasste, und das in düsterem e-Moll verlöscht. Mit der nächsten Tondichtung wollte Strauss nun selbst erproben, was bei Beethoven etwa in der 5. Sinfonie durch Nacht zum Licht führt – musikalisch von c-Moll nach C-Dur. Das nahm er in Angriff; heraus kam aber »Tod und Verklärung«. Der bayrische Komponist, der immer konkrete und plastische Bilder vor sich sah, erfand berührende, unmittelbar nachvollziehbare Fieberklänge eines Sterbenden, aber der Durchbruch zum finalen C-Dur blieb im äußerlich Pathetischen befangen. Der französische Dirigent entfaltete an dem Konzertabend mit dem Orchester farbige Klangbilder schillernder Vielfalt. Aber der große Beethovensche Gestus stellte sich nicht ein. Strauss hat danach lieber an konkreten Themen wie »Till Eulenspiegel« oder »Don Quixote« seine Phantasie entzündet. Nur in »Also sprach Zarathustra« gelang ihm Beethovensche Größe und Programmatik.
Ganz anders zeigte sich bei aller Ähnlichkeit die Komposition »Le tombeau resplendissant« des 25jährigen Olivier Messiaen. »Das leuchtende Grab« Jesu, der Passionstod Christi und dessen Auferstehung war die Programmatik. Der tiefgläubige Katholik Messiaen durchlebt in dem Werk mit herben Klängen und Rhythmen aus der Palette Strawinskys (»Sacre du printemps«) die Leiden des Heilands und führt sie in jene verklärte Welt, die der Komponist mit zarten Streicherklängen berührend zu gestalten vermag. Und am Ende bleibt eine Kantilene (Celli und Bratschen), die an den beseligt leidenden Jesus erinnert. Das war auch in der Interpretation von Dirigent und klangsinnig mitgehenden Philharmonikern ein bewegendes Ereignis.
Passend – am Ende des Konzerts – eine ungewöhnlich freudige, diesseitige, eigentlich unreligiöse Musik von Francis Poulenc. Wer hier einen pathetischen, kontrapunktisch angereicherten deutschen Kirchenstil erwartete, wurde enttäuscht. Es gab ein fröhliches Gloria des Franzosen, das mit dem von Gunter Berger bestens und präzis vorbereiteten Philharmonischen Chor und dem Sopran der Französin Véronique Gens treffend, ja mitreißend gestaltet wurde. Der klangvolle Chor und die Solistin mit klarer, leuchtender Stimmgebung einer bewährten Barock- und Mozart-Interpretin darüber waren tief beeindruckend. Und wer da und dort etwas von Prokofjew zu hören meinte, der lag nicht fehl. Als der russische Komponist in den 1920er Jahren in Paris lebte, war er musikalisch und menschlich herzlich verbunden mit dem französischen Pianisten und Komponisten.