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Glücklich ist…

»Musik in Dresden« kann auch literarisch. Wetten dass? Zum Beispiel mit einer Preisfrage: In welchem Werk des Musiktheaters geht es explizit um das Vergessen? Kleiner Tipp: Da wird wer besungen, der glücklich sei, wenn er vergisst … Just dieser Passus aus der berühmten Operettenliteratur taucht nun in mehrfach variierter Form in »Trutz« auf, dem neuen Roman von Christoph Hein. Der heute in Havelberg lebende Autor hatte – wir erinnern uns – die neue Wirkungsstätte der Städtischen Bibliotheken im wiedereröffneten Kulturpalast mit einer ausverkauften Lesung eingeweiht.

Erinnern, gedenken …, Mnemonik ist der Fachbegriff für dieses Thema. Und genau darum dreht es sich auf knapp 500 Seiten, die unterm Strich einen ebenso lohnenswerten wie zu Herzen gehenden Blick auf das vergangene Jahrhundert werfen. Christoph Hein begibt sich in die Rolle des Dokumentaristen und zeichnet ein bitteres Bild der verschiedenen Regimes, in denen Menschen unter Menschen (und deren Ideen / Ideologien) zu leiden hatten. „Wenn Sie schnell und rasch vergessen, werden Sie glücklich auf Erden und können in Ruhe alt werden. Doch wenn Sie sich an alles erinnern, bekommen Sie Schwierigkeiten, und die können tödlich sein.“

Das mussten Heins Protagonisten in Deutschland und in der Sowjetunion wieder und wieder erfahren – vor 1945, nach 1945, vor 1989, nach 1989. Die berühmte Zeile aus der »Fledermaus« von Johann Strauß zieht sich in nahezu gleichbleibender Gültigkeit durch diesen unbedingt zu empfehlenden Jahrhundertroman: „Glücklich ist, wer vergisst …“ Klar, dass ein aufgeklärter Schriftsteller wie Christoph Hein genau das Gegenteil bewirken will, ein genaues und gründliches Erinnern, damit die Menschheit endlich etwas begreift.

 

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