Der neue Chefdirigent der Elblandphilharmonie, Ekkehard Klemm, begann seine Tätigkeit mit einem Sinfoniekonzert, in dem er programmatisch eine neue Idee umsetzte: klassische Tradition in der Gestaltung zu verbinden mit einer Zuwendung für neue Musik, nicht nur allgemein, sondern mit Komponisten und ihren Werken unserer Nachbarschaft. So bezog das Konzert letzte Woche nicht nur Kompositionen von Weber und Schubert ein, sondern stellte an den Beginn die 5. Sinfonie des Dresdners Manfred Weiss. Der Komponist, der sich in den letzten Jahren mit oratorischen Werken der Kirchenmusik einen Namen machte, war jahrzehntelang Lehrer für Musiktheorie und neues Schaffen an der Dresdner Musikhochschule; so eben auch der Dozent für Ekkehard Klemm, der nun mit der Aufführung der Sinfonie seines Lehrers Dank sagen konnte. Die 5. Sinfonie von Manfred Weiss kam nicht als Uraufführung heraus, denn das Werk entstand bereits 1987 im Auftrag des Kleist-Theaters Frankfurt/Oder und wurde dort 1988 aus der Taufe gehoben.
Die Zeitumstände von verschärftem Kalten Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion sowie die wachsende Krise der DDR haben – wie der Komponist verriet – eine ungemein beängstigende Atmosphäre geschaffen, die er nicht übergehen konnte. Dadurch entstand eine herbe Klangwelt, die besonders die Schärfe und motorische Aggressivität akzentuierte. Erst in einem skurril-grotesken Scherzosatz wird sie allmählich verlassen, um im Finale eine friedliche Zukunft zu erschauen. Zart schwebende Tongruppen, die an den Franzosen Olivier Messiaen erinnern, lassen tiefere Hoffnung aufleuchten, vervollkommnen das „durch Nacht zum Licht“ auf eigene Weise, führen die Widersprüche und Abgründe, die Klangballungen des Anfangs ins Licht der Hoffnung.
Damit begann jenes Programm, das die Elblandphilharmonie als »Composers in region« zu realisieren gedenkt, gleichsam als Gegenstück zu den »Composers in residence« der großen Dresdner Orchester Philharmonie und Staatskapelle, die in die Ferne schweifen, amerikanische und russische Komponisten einladen. Werke ostdeutscher Komponisten kommen hier seit der Wende kaum mehr zur Aufführung. Das Riesaer Orchester will dagegen Werke von Komponisten aus der unmittelbaren Umgebung aufgreifen und zur Aufführung bringen. Manfred Weiss stand hier genau am Beginn wie auch Karsten Gundermann, der den »Kreuzleich«, eine Melodie von Heinrich von Meißen (genannt Frauenlob) modern bearbeitete. Im Oktober, im Rahmen des Unterhaltungskonzerts »Jeff und Andy«, werden Klänge aus dem gleichnamigen Musical des in Radebeul gebürtigen Komponisten Siegfried Kurz aus dem Jahre 1970 aufgegriffen. Von Günter Schwarze werden »Zerbrochene Glocken« uraufgeführt, von Wilfried Krätzschmar, nach der Wende langjährig Rektor der Dresdner Musikhochschule, die »Wettermaschine« für Orchester und vom Leipziger Pianisten und Verfechter neuester Musik Steffen Schleiermacher »Bann.Bewegung.mit Beethovens Erster« im Mai 2018.
Das ist nicht nur frischer Wind neuer Ideen, sondern auch eine Anerkennung kompositorischer Leistungen in unserer Umgebung, realisiert in Konzerten in Meißen, Riesa, Großenhain, Pirna und an den Landesbühnen in Radebeul.
- Das 1. Philharmonische Konzert der Elbland Philharmonie Sachsen mit der 5. Sinfonie von Manfred Weiss erklingt noch einmal heute (21.9.) in der Marienkirche Pirna (19.30 Uhr) und am Sonntag im Stammhaus Radebeul/Landesbühnen Sachsen (19 Uhr).