Dresdens Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch brachte es auf den Punkt: Das Jubiläum »800 Jahre Dresdner Kreuzchor« habe die von der Stadt getragene Institution nach vorn gebracht und neue Zielgruppen erreicht. Es sei allerdings auch ein Lernprozess gewesen. Sie erinnerte aber auch daran, dass man jetzt 400 Jahre Heinrich Schütz feiern könnte, der bekanntlich ab 1613 in der Elbestadt wirkte und hier 87jährig verstarb. Kreuzkantor Roderich Kreile blickt aber lieber nach vorn und beschwört auf seiner Jahrespressekonferenz: „Die Krise, die wir hatten, ist überstanden.“ Krise? Ja. Just in den Wirbel um größtmögliche Präsenz in allen Netzwerken mischten sich störende Töne, die von besorgten Eltern und betroffenen Kruzianern stammten und von verschiedenen Medien aufgegriffen wurden.
Für das zum Jubiläum arg überzogene Vermarktungskonzept des Knabenchores sollen Veränderungen anstehen. Und ein weitere Wechsel hat sich schon seit einigen Monaten abgezeichnet: Der langjährige Chordirigent Peter Kopp wird nach 22 Jahren der Zusammenarbeit (zuzüglich seiner neun Jahre als Kruzianer) ein neues Kapitel aufschlagen und als Dozent für Chor- und Orchesterdirigieren an die Evangelische Hochschule für Kirchenmusik nach Halle gehen. Der dortige Senat hat ihn inzwischen zum Rektor der traditionsreichen Einrichtung gewählt. Kopp tritt die Nachfolge von Wolfgang Krupke an und freut sich verständlicherweise sehr auf dieses Amt, in das er am 6. Oktober im Dom zu Halle eingeführt werden soll.
Dennoch leitet der Musiker Mitte nächsten Monats noch die nunmehr dritte China-Tournee des Kreuzchores, diesmal mit fünfzig Kruzianern in zehn Konzerten, die in Millionenstädten wie Jinan, Harbin und Shanghai stattfinden sollen. Der Grund dafür dürfte in den Erfolgen der bisherigen Touren gelegen haben, die ebenfalls von Peter Kopp geleitet worden sind. Man bringe dort halt seinen Namen in Verbindung zum Chor, bemerkt der Musiker und fügt launig hinzu, 1,4 Milliarden Menschen würden Roderich Kreile gar nicht kennen.
Der ist indes voller Vorfreude auf die bevorstehenden Monate, berichtet über eine sehr positive Nachwuchssituation als „das A und O unseres Chores“ und kündigt neben zwanzig Vespern und Metten Höhepunkte wie das »Paulus«-Oratorium von Felix Mendelssohn Bartholdy, das »Deutsche Requiem« von Johannes Brahms sowie das Mozart-Requiem und Bachs »Matthäus-Passion« an. Wichtig sei ihm auch die Zusammenarbeit mit der Dresdner Philharmonie, dem Festspielhaus Hellerau und den Dresdner Musikfestspielen, die zum 100. Geburtstag von Leonard Bernstein eine Zusammenarbeit von Kruzianern und Wiener Sängerknaben initiieren. Eine engere Bindung dürfte auch zwischen Kreuzchor, Kreuzkirche, Kreuzschule und der Stadtverwaltung gefragt sein, denn das laut Kreile seit mehr als fünf Jahren diskutierte Papier über diverse Zuständigkeiten solle möglichst noch in diesem Kalenderjahr („vielleicht auch etwas später“) unterschriftsreif sein.
Unterschrieben ist inzwischen allerdings der Vertrag mit Peter Kopps Nachfolger: Am 1. Oktober soll der vor allem durch seine langjährige Leitungstätigkeit beim Orchester »Medicanti« bekannte Dirigent und Hochschullehrer Wolfgang Behrend diese Position übernehmen.