Man könnte ihn als einen Amerikaner aus Österreich beschreiben, den Dirigenten Manfred Honeck. Geboren wurde er diesen Monat vor 60 Jahren in Vorarlberg, seit 2008 ist er Chefdirigent in Pittsburgh. In Mitteldeutschland kennen ihn die Musikfreunde noch als einen der drei Hauptdirigenten beim Sinfonieorchester des MDR.
Und nach Mitteldeutschland kommt er nun wieder zurück, als gern gesehener Gastdirigent der Sächsischen Staatskapelle, um deren Geburtstagskonzert zu dirigieren. Darin geht es allerdings um stramme 470 Jahre der einstigen Hofkapelle.
Zu seinem eigenen Geburtstag hat Manfred Hock sich selbst und die Musikwelt mit einer neuen CD beschenkt: Richard Strauss’ 1. Hornkonzert und Ludwig van Beethovens 3. Sinfonie »Eroica« sind darauf zu hören Maestro Honeck dirigiert das Pittsburgh Symphony Orchestra, sein Pittsburgh Symphony Orchestra.
Den Solopart spielt mit William Caballero der Solohornist dieses Orchesters. Auch Manfred Honeck hat seine Musikerlaufbahn im Orchester begonnen, als Bratscher bei den Wiener Philharmonikern. Erfahrungen, die er nicht missen will, wie er erzählt: „Man versteht sofort, wie ein Musiker tickt, worauf zu hören ist und wie man einander verstehen lernt. Was man einmal im Orchester gelernt hat, kann man als Dirigent natürlich herrlich in die Praxis umsetzen. Diese Erfahrungen sind fast unentbehrlich.“
So eine Dirigentenlaufbahn aus dem Orchester heraus zu starten, ist allerdings immer beides, ein Abschied und ein neuer Beginn. Honeck meint dazu, als er das Angebot bekommen habe, ans Opernhaus nach Zürich zu gehen, sei das für ihn ein gewaltiger Schritt gewesen, „denn so ein herrliches Orchester wie die Wiener Philharmoniker zu verlassen, das ist ja nicht alltäglich.“
Der Risiken war er sich also bewusst, doch bereut hat er diesen Schritt nie. Dennoch blickt der Maestro auch gern auf seine Zeit beim MDR Sinfonieorchester zurück: „Ich war ja einer der drei Hauptdirigenten neben Marcello Viotti und Fabio Luisi. Das war ein ganz wichtiger Moment, wo ich auch die deutsche, die ostdeutsche Kultur kennenlernen durfte und das Repertoire, für das ich auch stehe, in Leipzig präsentieren konnte. Eine sehr schöne Zeit für mich.“
Im Rückblick sehen solche Dirigentenkarrieren oft sehr geradlinig aus. Doch meist gehört, um in diesem Bild zu bleiben, ein ganzes Wegenetz dazu. Für Manfred Honeck hat sich dies um beinahe die halbe Welt gespannt. Da gebe es jedoch immer mehrere Elemente, meint er. „Zu einem Haus gehören ja auch viele Bausteine. Ich glaube, das Wichtigste für Dirigenten ist, Geduld mit dem Orchester zu haben, umgekehrt müssen Orchester ja auch Geduld haben mit den Dirigenten. Nur so kann man auch wachsen. Jetzt spüre ich, dass all das, was ich erarbeitet habe, auch Früchte trägt. Ich würde sagen, jede Position war für mich enorm wichtig, in Zürich das Lernen des Opernbetriebes, dann im Schwedischen Rundfunk und jetzt eben in Amerika auch eine völlig andere Kultur kennenzulernen. Das ist eine Bereicherung für mich.“
Eine Bereicherung, von der in erster Linie das Publikum in fast aller Welt etwas hat, die für Manfred Honeck selbst allerdings auch die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Neuer und Alter Welt spürbar werden lässt. Professionell resümiert er: „Die Proben sind in Amerika nicht sehr üppig, deswegen müssen die Musiker unheimlich gut vorbereitet sein. Man hat meistens nur zwei, drei Proben. In Europa sind sie natürlich auch gut vorbereitet, aber man sich ein bisschen mehr Zeit für das Detail nehmen. Die Professionalität ist aber hier wie da gewaltig. Die Orchester haben heutzutage ein fantastisches Niveau, das kann man gar nicht vergleichen mit dem von 40, 50 Jahren davor.“
Ohne Frage ist dies ein Gewinn für alle Beteiligten, für die Orchestermitglieder ebenso wie für das Publikum. Freilich steckt auch ein Risikofaktor darin: „Ich spreche immer von der Globalisierung des Klanges. Das ist in der Tat etwas, was in unserer Welt nicht so günstig ist. Ich denke, jedes Orchester soll seine Identität beibehalten. Es hätte auch gar keinen Sinn, eine Tournee zu machen, wenn es überall so klingt wie beim Heimatorchester. Es ist überaus schön, verschiedene Stile zu erfahren und verschiedene Interpretationen mit Musikern, die eine völlig andere Art haben, zu spielen.
Wir sollten gerade diese Schönheit und das Typische erfahren lernen und uns erfreuen daran“, konstatiert Manfred Honeck. Er ist sich bewusst, dass all diese Besonderheit des Klanges natürlich auch in seiner Hand liegen. „Also ich würde sagen, das liegt immer am Dirigenten. Der Dirigent kann ja jeden Klang herausholen. Für mich persönlich ist es enorm wichtig, dass man immer am Klang arbeitet. Ob das jetzt ein Opernorchester oder ein Konzertorchester ist – wenn ein Vibrato verlangt wird, dann wird das in Dresden und auch in Pittsburgh gleich klingen.“
Also ist es kein Wunder, dass der Maestro sein künstlerisches Credo so formuliert: „Für mich ist nicht die technische Perfektion das Allerwichtigste, sondern die musikalische Perfektion.“ Zu erleben ist dieser Anspruch im Sonderkonzert zum Sonderkonzert der Kapelle am Samstag Abend im Kulturpalast – übrigens das Debüt des Orchesters im neuen Konzertsaal.