Heimat, Geborgenheit, Dankbarkeit. Das waren die Worte, die immer wieder fielen beim gestrigen Pressegespräch über das große Adventskonzert des Kreuzchores im Rudolf-Harbig-Stadion. Denn am 20. Dezember 2018 ist wieder soweit. Es werden mehr als zwanzigtausend Zuhörer erwartet, die den Kruzianern lauschen wollen, wie sie, von einer Band begleitet, Popmusik-Bearbeitungen von Weihnachtsliedern singen. Es ist ein Event wie kein anderes, das immer wieder Aufmerksamkeit auf sich zieht. Allerdings nicht nur im positiven Sinne.
„Mit dieser Entwicklung hat keiner von uns gerechnet!“, sagt Kreuzkantor Roderich Kreile zu Anfang. Er verteidigt das Konzept des Weihnachtssingens im Stadion vehement. Es solle die Menschen noch einmal anders ansprechen als in der Kirche. Dass dafür seichte Bearbeitungen der beliebtesten weihnachtlichen Gassenhauer nötig sind, nimmt er offenkundig in Kauf. Die Menschen sehnten sich, so Kreile, nach einem gemeinsamen Miteinander, das sie im Stadion finden könnten. Dass der Kreuzchor mit so einem Konzert sein künstlerisches Profil, seine Außenwirkung nachhaltig prägt, sieht im Kreuzchor-Leitungsteam offenbar niemand kritisch. „Wir tun das Richtige!“, betont der Kreuzkantor. Viele Menschen fänden hier etwas, das sie in der Kreuzkirche nicht suchten; sie seien doch dankbar für dieses Konzert!
Was genau diese Menschen in der Kirche nicht finden, bleibt dabei vage. Die vorgetragene Weihnachtsgeschichte? Das gemeinsame Singen? Die populären Arrangements? Die prominenten Gäste, die auf der Bühne stehen? Oder die vielen leuchtenden Sterne?
Ganz besonders dankbar zeigt sich nämlich auch der Geschäftsführer der Herrenhuter Sterne, Oskar Scholz, da er, wie schon im vergangenen Jahr, das Stadion mit massenhaft Sternen schmücken darf. Er habe die Begeisterung der Zuschauer gespürt und zeige sich bemüht, die 200 Sterne aus dem letzten Jahr noch zu überbieten. Schließlich leben wir in der Zeit von höher, größer, weiter. Mehr Sterne sind dann wohl auch ein Zeichen für mehr Weihnachten und mehr Besinnung! Ralf Minge bringt die Geschichte auf den Punkt: wenn Publikum und Chor im Stadion vereint sind, finden alle eine „gemeinsame Heimat für einen Abend“.
Und auch Marketingleiter und Hauptinitiator des Konzertes, Thomas Reiche, freut sich unheimlich auf das bevorstehende Konzert, sagt er in diesem Pressegespräch. Ganz besonders auf den Moment, wenn alle miteinander „Sind die Lichter angezündet“ singen, das ist einer seiner ganz besonderen Lieblingsmomente. Da fühlt man sich doch gleich an die Zeit erinnert, da dieses Lied – zugeeignet dem Rundfunk-Kinderchor Leipzig übrigens – eins der beliebtesten DDR-Weihnachtslieder wurde. Eins von der Sorte ohne überflüssige christliche Botschaft. Wenigstens dürfen wir uns in diesem Jahr nicht auf David Garrett freuen, sondern auf die Sopranistin Camilla Nylund.
Ganz zuletzt: Um den ganzen Aufwand zu finanzieren, gibt es in diesem Jahr einen neuen Sponsor. Eine Supermarktkette wird den Kreuzchor bei seinem Vorhaben unterstützen – ausgerechnet. Abseits des Geldes bleibt offen, wie die künstlerische Gesamtbilanz des Kreuzchors nach diesen alljährlichen Ausflügen ins Hyper-Populäre ausfällt. Advent ist die Zeit der Besinnung. Vielleicht sollte sich der Kreuzchor gerade in dieser Zeit wieder einmal auf die Botschaften dieses Kirchenfestes besinnen?