Aron S. Watkin bleibt als Ballettdirektor in Dresden. Gut so! Denn seine Konzepte sind ganz sicher noch nicht ausgereizt. Als es in Dresden mit der Intendanz von Serge Dorny aus Lyon so schief ging, sagte sich der geschäftsführende Intendant Wolfgang Rothe, dass er dann wenigstens im Ballett für Kontinuität sorgen wolle. Also verlängerte er den Vertrag des Ballettdirektors bis Ende der Saison 2020/2021. Nicht zuletzt deshalb, weil Serge Dorny Interesse zeigte, Aron S. Watkin an das Ballett der Oper in Lyon holen, als klar war, dass es für ihn mit Dresden nichts werden würde. Wolfgang Rothes Angebot kam eher, Glück gehabt, Dresden!
Rothe konnte damals nicht ahnen, wie lange die Intendantenvakanz dauern würde. Er konnte auch nicht wissen, ob ein neu gewählter Intendant mit der Arbeit und mit den Konzepten des Ballettdirektors umgehen könne. Nun, im bisherigen Verlauf der ersten Saison des neuen Dresdner Opernintendanten Peter Theiler, stellt sich bereits heraus: es geht. Sie können miteinander, offensichtlich auch gut. Also verkündete Theiler in der heutigen Pressekonferenz zur Saison 2019/2020 an der Sächsischen Staatsoper, dass der Vertrag mit Aaron S. Watkin verlängert werde, jedenfalls solange es in seiner Befugnis liegt. Watkins Vertrag gilt also nun bis 2023. Spontaner Beifall von den Vertretern der Presse! Ein gutes Zeichen.
Und als Aron S. Watkin seine Pläne für die nächste Saison vorstellte, gab es auch keine Äußerungen der Enttäuschung. Im Gegenteil. Der Ballettdirektor macht es sich zur Aufgabe, in jeder Saison eine Ikone der Choreografie des 20. Jahrhunderts in Dresden vorzustellen. Den Plan, die Ballettoper »Iphigenie auf Tauris« von Pina Bausch zur Musik von Christoph Willibald Gluck zur Aufführung zu bringen, hatte er schon lange. Fünfundvierzig Jahre nach der Uraufführung in Wuppertal, zehn Jahre nach dem Tod von Pina Bausch, kommt dieses Werk nun in Dresden, und damit erstmals außerhalb des Ortes der Uraufführung, in neuer Einstudierung heraus: in einer Kooperation des Balletts, der Staatskapelle, dem Chor der Staatsoper sowie Sängerinnen und Sänger des Ensembles unter der Leitung von Jonathan Darlington.
Die Neugier ist geweckt. Auch Erinnerungen werden wach. Es war ein sagenhaftes Ereignis, als das Tanztheater Pina Bausch im Dresdner Schauspielhaus 1987 mit den Stücken »Café Müller« – hier noch mit Pina Bausch selbst auf der Bühne – und mit ihrer bis heute ungewöhnlichen Interpretation von Strawinskys »Frühlingsopfer« gastierte. Zu Strawinskys Violinkonzert in D-Dur schuf eine andere Tanzikone des 20. Jahrhunderts, George Balanchine, seine Choreografie in meisterhafter Neoklassik. 1972 war das. Mit diesem Stück wird der zweite Premierenabend der neuen Saison eröffnet.
Na ja, eigentlich ist er auch längst eine Ikone des Tanzes, der niederländische Choreograf Hans van Manen, geboren 1932, der mit seinen Kreationen nicht nur das Niederländische Nationalballett weltberühmt machte. Zu seinen Meisterwerken, die weltweit von beutenden Kompanien getanzt werden, gehört auch die Choreografie »Kleines Requiem« zur Musik von Henryk Mikołaj Góreckis »Kleines Requiem für eine Polka«, für drei Tänzerinnen und vier Tänzer. Also, Hans van Manen, endlich auch in Dresden, spät, aber sicher nicht zu spät. Und, ja, jetzt ist es möglich. Zu Kompositionen von Richard Strauss dürfen Choreografien geschaffen werden. Bis auf wenige Kompositionen blieben den Choreografinnen und Choreografen bislang nur die Wünsche, Kretaionen zur Musik von Strauss zu schaffen. Obenan auf der Wunschlichte der Zyklus „Vier letzte Lieder“. In Dresden gibt eine choreografische Uraufführung von David Dawson diesem zweiten, neuen Ballettabend den Titel: „Vier letzte Lieder“. Für Dawson, der von 2006 bis 2009 in Dresden Hauschoreograf war, mit »Giselle« hier sein erstes Handlungsballett schuf, dann bald weltweit gefragt war und als erster englischer Choreograf die Ehre hatte, mit dem Ballett des St. Petersburger Mariinski-Theaters zu arbeiten, bestand dieser Wunsch auch. Jetzt wird er sich erfüllen. Es ist seine 13. Kreation für das Semperoper Ballett. Das muss doch eine glückliche Fügung sein! Auch an diesem Abend spielt die Staatskapelle. Am Pult des Orchesters ein Debüt beim Ballett: Omer Meir Wellber dirigiert Strawinsky, Górecki und Richard Strauss. Also noch ein Grund, auf diese Ballettpremiere gespannt zu sein.
Und der Blick in den Repertoireplan lohnt auch; denn eben jenes ist weit gefächert, Ballett und Tanz in vielen Facetten. Auf gehts, weiter, Mr. Watkin!