Glauben Sie mir, der Tenor Rolando Villazón ist einer der vielseitigsten Künstler überhaupt. Das klingt absolut, ist aber wahr. Er wurde durch seine Gesangskarriere weltbekannt, er moderiert Musiksendungen im Fernsehen, leitet die Mozartwoche Salzburg, schreibt faszinierende Romane (»Kunststücke«, »Lebenskünstler«, ein drittes Manuskript wurde soeben vollendet) und zeichnet skurrile Karikaturen. Obendrein hat sich dieser Star – ihn darf man wohl tatsächlich so nennen, besser noch einen Weltstar – einen Namen als Opernregisseur gemacht. Jetzt hat er erstmals in Dresden inszeniert, wo er unter anderem bereits mit Liederabenden sowie zu CD-Aufnahmen mit Anna Netrebko zu Gast war, an der Semperoper, wo er am ersten April-Samstag seinen umjubelten Einstand mit der Oper „Platée“ von Jean-Philippe Rameau gegeben hat. Ein schillernder Künstler, 1972 in Mexiko geboren und heute in Paris zu Hause, umtriebig und voller Energie. Was sagt er selbst zu seinem Tun und zu dieser Ballettkomödie, diesem Ballet bouffon? „Ich baue Brücken zwischen dem, was ich mache, und den Leuten. In allem, was ich mache, versuche ich, Licht zu bringen und Brücken zu bauen zwischen Publikum und Bühne. Mit der Regie ist es so ähnlich, aber zugleich noch viel mehr, denn es ist eine ganze Welt, die wir da gemeinsam bauen, also Bühnen- und Kostümbildner, Lichtdesigner, Sänger-Darsteller, das Orchester und ich. Auch das ist eine Brücke, denn wir erzählen Geschichten. Kunst ist ein Spiegel, gibt uns mehr Fragen als Antworten, wie ich wirklich hoffe, mehr Fragen als Antworten. Die Kunst lädt uns ein, Antworten zu finden.“
Auf Jean-Jacques Rameau lässt der singende und schreibende Opernregisseur nichts kommen: „Er ist ein Mann der Aufklärung gewesen, hat damals all diese Philosophen gekannt und lange Dialoge mit ihnen geführt. Er war sehr intelligent und witzig.“ Dieses Stück aber, die Oper „Platée“, sei nicht nur witzig, meint Villazón, sondern auch durch und durch ernst.
Als Regisseur wollte er nun versuchen, diese „ganz tiefe Nachricht“ herüberzubringen, die bereits Rameau vor Augen gehabt haben dürfte: „Schauen Sie, die Menschen auf der Bühne, das sind doch wir. Und es ist nicht immer sehr schön, was wir tun.“ Dieses Stück, so Regisseur Villlazón, sei ein Meisterwerk. „Es gibt keinen Moment, wo man sagt, jetzt könnte ich ohne dies oder das leben. Alles ist ganz wunderbar. Jeder Moment ist neu, ist eine Überraschung. Man bleibt mit Ohren, Augen und auch mit seiner Seele dabei.“ Diese Oper, betont er, „ist wirklich ein Geschenk!“
Falls Sie Jean-Philippe Rameau nicht kennen sollten, müssen Sie sich bitte nicht grämen. Aber lassen Sie sich ein auf Rameau und seine Musik, sonst hätten Sie allen Grund zur Gram. Villazón meint, er habe „die große Chance und die große Verantwortung, mit allem, was ich mache, stelle ich Fragen. Und hoffentlich lade ich die Leute ein, Antworten zu finden.“