Am Samstag, den 20. April, eröffnet das Trio »Tricando« mit 20 Liedern die 20. Saison der St.-Pauli-Ruine. Wenn das mal kein Anlass für ein Interview mit Vater und Sohn Paul und Andreas Zöllner in zwanzig Sätzen ist.
Zuerst zum Namen. Tricando, da denkt man an drei Sänger?
Paul Zöllner: Na, die Namensfindung war ein längerer Prozess. Wie man das eben so sucht. Im Namen klingt das Singen mit, wir singen ja alle drei. Wir hatten sechzig Namen auf dem Tisch… Und irgendwann sahen wir: „Three can do!“ Ja, das wars dann.
Jede gute Band braucht doch einen Gründungsmythos. Wie lautet eurer?
Andreas Zöllner: Das Ganze fing an mit Rio Reiser, der beim Blauen Einhorn schon irgendwie reingewachsen war. 2017, es war bei einem Festival in der Kulturfabrik Hoyerswerda, hing ein riesiges Bild von Gundermann rum. Diese Heiligenverehrung war mir suspekt, Gundermann war bis dahin an mir vorbeigegangen. Aber dann habe ich gedacht: den muss ich mir mal angucken. Dann ploppte das so auf: Interessante Lieder, interessante Parallelen zu Reiser, der eine Ossi, der andere Wessi. Das könnte ein spannendes Projekt sein, dachte ich! Ich war dabei gewesen, eigene Lieder zu machen, und merkte: das ist einfach noch nicht reif. Indem ich mich mit diesen beiden beschäftigte, drehte ich sozusagen eine Studienrunde.
Du bist also der Gründer, die anderen beiden kamen später hinzu?
AZ: Ja, könnte man so sagen. Meine Strategie, nachdem sich „Das Blaue Einhorn“ aufgelöst hatte, war, ganz kleine Solo-Konzerte zu geben. Bei einem dieser Konzerte tauchte ein Gitarrist auf, den ich nicht kannte. Die Gastgeberin sagte: Der ist wirklich gut, er spielt bei Weltkind und früher bei Stilbruch. An diesem Abend spielten wir spontan als Duo. Ein bisschen später war Ennosch im Boot. Und mit Paul? – Na, Paul war mir in die Wiege gelegt.
PZ: Aber ich wollte nicht. Neben meinem Tonstudio und der Familie merkte ich, das schaffe ich nicht.
AZ: Aber der Wunsch, das Tricando-Projekt zu dritt zu machen, war dann doch so stark, dass ich nach einem halben Jahr nochmal anfragte.
PZ: Diesmal passte es für mich. Da stand das Programm, und ich war einfach der Mitspieler… Was mich sehr fasziniert: da sind diese drei Typen, total unterschiedlich, aber uns verbindet eine Sache, das spannende Zusammenspiel. Das findet man, das kann man nicht erzwingen.
AZ: Mir gefällt, dass die Besetzung so ungewöhnlich ist. Zwei Gitarristen und so ein Multi-Typ, der eigentlich alles spielt. Bei den Arrangements sind wir gefordert, auf den Punkt zu kommen. Klar, ein vierter Mann würde manches erleichtern, aber „tricando“ – das sind wir drei.
Paul, was sagen dir die beiden Recken Reiser und Gundermann eigentlich? Du bist doch eigentlich viel zu jung, um die zu hören, oder?
PZ: In der Familie meiner Frau wird Gundermann hoch und runter gehört. Auf mich macht er einen sehr anrührenden Eindruck, ein unperfekter Spieler und Sänger, mit großem Herz und treffender Lyrik. Vielleicht in einer Riege mit Gisbert zu Knyphausen. Und Rio Reiser? Junimond, Hausbesetzerszene, er tauchte in meinem Geschichtsverständnis als Revoluzzer auf, war mir aber eigentlich zu verrückt. Die Verbindung der beiden kam durch Andreas, da erschloss sich das, und auf einmal fühlte es sich sehr stimmig an.
AZ: Wobei man sagen muss, wir machen ja keinen Porträt-Abend. Ich erzähle anhand dieser Lieder meine eigene Geschichte, ich erzähle, was mich interessiert. Mit Hilfe dieser Bilder kann ich etwas über das Leben sagen.
Das hört sich für mich an, als wärst du, Andreas, der geistige Kopf von Tricando.
AZ: Das Inhaltliche, ja, das habe ich angestoßen. Inzwischen ist es unser gemeinsames Projekt. Was mir an Tricando gefällt: Da sehe ich drei Ebenen. Hier sind drei Männer, sehr rockig. Es gibt gutes Futter für den Kopf, also schöne intellektuelle Kurven in den Texten… und die emotionale Ebene ist dabei. Dadurch hat es für mich etwas Vollständiges.
Die Idee entstand ja, bevor der Gundermann-Hype losging. Ennosch ist übrigens schon lange ein profunder Gundermann-Kenner. Ich war zwar angepiekst, aber er war es, der mir auf die Sprünge half. Und er ist für mich inspirierend als Gitarrist. Ich habe einen speziellen Stil, Klassik plus selbstgelernt, er kommt aus derJazz-Ecke. Und was Paul macht, ist mir sowieso unerklärlich.
PZ: Da ist einfach sehr viel Bauch dabei.
AZ: Für mich ist es auch eine Verjüngungskur. Als wir mit dem Einhorn aufhörten, wurde ich wieder zum Anfänger. Und jetzt… Ennosch steht altersmäßig zwischen uns. Ich fühle mich wie der Alte, der etwas zu erzählen hat, aber die Jüngeren tragen ihre eigene Energie bei. Ich muss dadurch nicht jung tun.
Was steht auf eurem Konzertplan?
PZ: Ich bin nächstes Jahr 32, Ennosch 41, Andreas 57, Gundermann 65 und Reiser 70. Eine tolle Reihe. Alle 5 Geburtstage liegen zwischen dem 9.Januar und dem 21. Februar. Deshalb wird es in genau diesem Zeitraum des nächsten Jahres die „Geburtstagstour“ geben. Diese startet am 9. Januar 2020 in der Reihe »Musik zwischen den Welten«.
Und am Samstag, den 20. April eröffnen wir mit 20 Liedern die 20. Saison der St.-Pauli-Ruine.
Andreas Zöllner: Gesang, Gitarre, Flöte, Bouzuki, Konzertina
Enrico ‚Ennosch‘ Schneider: Gesang, Gitarre, Cajon
Paul Zöllner: Gesang, Electronics, Cajon, Cello
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