Der, die, das Elfelf naht. Spätestens am 11.11. ist es soweit. Dann werden wieder Krawatten und Maßstäbe beschnitten. Die Kategorie der Vernunft weicht dem allzuoft als Hautcreme missverstandenen Niveau. Narreteien gibt es ohne Ende, längst auch in traditionslastigen Gesangsensembles.
Wem nicht da schon das Lachen im Halse stecken geblieben ist, der (und / oder die) darf sich jetzt über eine neue Stufe der nach oben offenen Farce-Skala freuen. Denn nachdem das Kind der Klagenden Mutter nun tatsächlich zum Vorsingen beim Leipziger Thomanerchor eingeladen worden war, gefällt der für sämtliche Anwärter (und somit auch für diese erste und einzige Anwärterin) gesetzte Termin dem Mutter-Kind-Duo nicht. Die Tochter müsse erst noch den „Knabenchorklang erlernen“ und brauche dafür vier Monate Aufschub.
Der Traum, als erste Mutter einer Thomanerin in die Annalen der langen Musikgeschichte von Knabenchören eingehen zu dürfen, ist für Frau Anwältin damit erst einmal ausgeträumt. Denn die Stadt Leipzig als Trägerin des traditionsreichen Chores lehnt im Zuge des Aufnahmeverfahrens jedwede Vorzugsbehandlungen ab und verweist darauf, dass eine derartige stimmliche „Umerziehung“ weder dem Menschenbild der Chorleitung noch dessen Auffassung vom Kindeswohl entspreche. Ein hübscher Einstieg in die fünfte Jahreszeit war der Versuch allemal.
Und Dresden? In Siegelbewahrer-Mentalität stehen Kruzianerinnen vorerst nicht zur Debatte. Kreuzkantor Roderich Kreile setzt auch für die Zukunft auf authentischen Knabenchorklang. Ein neuer Vertrag zwischen Chor und städtischem Träger soll aber für finanzielle Entspannung und neu geregelte Dienst sorgen. Da geht die neue Zeit also doch Hand in Hand mit ehrwürdiger Tradition. Das hat sogar Zukunft.