Schadenfreude ist nicht angesagt, denn es ist ja kein Schaden entstanden. Aber nach dem für den Oberbürgermeister und die vielen wirklich fleissigen Helfer so „traurigen“ Ausgang der Dresdner Kulturhauptstadt-Bewerbung könnte nun eine tüchtige Portion Realitätssinn Einzug halten. Und wäre wohl auch vonnöten.
Denn erstens ist Dresden im Reigen der europäischen Kulturstädte nur ein ziemlich kleines Licht – mit freilich herausragenden Leuchttürmen, siehe Staatskapelle & Co. Zweitens ist der Rummel um die sogenannte Kulturhauptstadt ein Event sondergleichen, ein Marketinginstrument zur allgemeinen Bespaßung.
Und drittens, wenn wir schon über Kultur reden, sollte in Dresden auch mal abseits von Semperoper, Kunstsammlungen, Philharmonie, Operette und Schauspiel etc. pp. auf die Kultur geachtet werden. Denn die ist bekanntlich viel mehr als das ach so heilige Sonntagskonzert.
Verträgt sich Stadtkultur mit dem mitunter doch eher rüpelhaften Umgang in und mit der Lokal- und Landespolitik? Mit dem Verhalten der Menschen im Alltag untereinander? Sind die Müllhalden auf Elbwiesen, in Parks sowie an diversen Straßenecken und Plätzen ein Zeichen von Stadtkultur? Und wenn wir schon vom Konzert reden – nach dem meist freundlichen Applaus verlieren nicht wenige Zeitgenossen spätestens an der Garderobe ihre vorgebliche Contenance und rempeln, nörgeln und schubsen, als könnte es gar nicht schnell genug wieder in den zugeknöpften Mantel hineingehen.
Das mit der Hauptstadt wurde den Dresdnerinnen und Dresdnern vor grauen Zeiten von Adelssippschaften eingeflüstert. Viele von ihnen glauben bis heute daran. Aber geht es nicht auch ein paar Nummern kleiner? Zum Beispiel mit wirklicher Lebenskultur? Mit im täglichen Umgang gelebter Kultur? Das kann sogar schon mit einem klitzekleinen Lächeln beginnen. Sogar über die verkrampfte Kulturhauptstadt-Bewerbung. Nur eben ohne Schadenfreude.