Liebe Leserinnen und Leser von »Musik in Dresden«,
für die Kultur in Dresden sind es surreale Zeiten, so formulierte es Marek Janowski letzte Woche auf der Pressekonferenz der Philharmonie. Auf der dann auch eine Menge anderer Informationen an die Presse gingen: Schließung der Technischen Sammlungen Dresden (inklusive der PORTRAITS Ausstellung, die in Kooperation mit der Kunstagentur Dresden entstand, die auch »Musik in Dresden« herausgibt), Schließung der Bibliotheken, keine Versammlungen über 1000 Teilnehmern mehr, Absagen aller Proben der Philharmonischen Ensembles und der öffentlichen Veranstaltungen im Kulturpalast. Im Laufe des Freitags hagelte es dann im Minutentakt weitere Absagen, Schließungen, Verschiebungen (wobei letztere für Freiberufler eine desaströse Lösung darstellen, da in diesem Fall noch nicht einmal Ausfallhonorare gezahlt werden). Und diese Entwicklung zog sich dann auch übers Wochenende. Nun ist die Schulpflicht aufgehoben, die städtischen und freistaatlichen Museen geschlossen, die Grenzen sind zu und die Nudelregale leer.
Für die freiberuflich tätigen Künstlerinnen und Künstler, für die die Osterzeit eine der umsatzstärksten im Jahr ist, sind diese Entwicklungen fürchterlich. Und natürlich auch für alle weiteren im Tourismussektor Tätigen. Für Restaurant- und Cafe-Betreiber, Buchläden, den stationären Handel, für kleine Reisebüros, Agenturen wie unsere, für Stadtführer, Aushilfslehrer, überhaupt für alle freiberuflich tätigen Honorarlehrkräfte etwa des Heinrich-Schütz-Konservatoriums. Keine schnell geschaffene Regelung zu „Home Office“ oder Kurzarbeitergeld greift hier. Ein großer Teil der kreativen Szene der Landeshauptstadt, die sich schon jahrelang mit Galgenhumor am Existenzminimum entlanggehangelt hat, steht nun schlicht vor dem Nichts. Fast zynisch, dass mit Entschädigungszahlungen nur diejenigen rechnen dürfen, die sich tatsächlich mit dem Virus anstecken oder verdachtsmäßig unter häusliche Quarantäne gesetzt werden. Falls also die Corona-Fallzahlen in den nächsten Wochen unter Freiberuflern ungewöhnlich hochschnellen, wissen Sie, warum!
Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Alle Vorsichtsmaßnahmen, die in den letzten Tagen getroffen wurden und noch getroffen werden, sind wichtig und richtig; sie kommen eher zu spät als zu früh. Aber es bleibt festzustellen: wir Freiberufler sind durch die staatlichen Regelungen rund um den Corona-Virus unverschuldet in eine Situation geworfen worden, aus der einige unserer Kolleginnen und Kollegen bankrott hervorgehen werden. Sie werden in den nächsten Wochen einen „Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts“ stellen müssen. Arbeitslosengeld II, vulgo Hartz vier.
Insofern wäre meine Bitte an alle kulturliebenden Dresdnerinnen und Dresdner: kommen Sie gut durch die vor uns liegenden Tage, Wochen und Monate. Bleiben Sie gesund, verlieren Sie nicht die gute Laune, nutzen Sie die zahlreichen Online-Angebote der Bibliotheken, Konzerthäuser, Museen und Opernhäuser. Gehen Sie an die Sonne, belegen Online-Kurse, lernen ein neues Instrument (es bietet sich etwa das Theremin an, das dieses Jahr einhundert Jahre alt wird) oder eine Fremdsprache, kochen Sie neue, aufregende Rezepte für Ihre Lieben und lassen sich nicht verdrießen. Und vielleicht denken Sie trotz enger geschnallter Gürtel auch darüber nach, bereits gekaufte Konzertkarten vielleicht doch nicht zurückzugeben (so unterstützen Sie Konzertveranstalter, die den Künstlerinnen und Künstlern Ausfallhonorare zahlen können), oder bei lokalen Künstlerinnen und Buchhändlern einzukaufen. Geht ja telefonisch. Vielleicht gönnen Sie sich ja das Werk, um das Sie bei den letzten „Offenen Ateliers“ schon herumgeschlichen waren, und hängen es über das Sofa, auf dem Sie die nächsten Wochen sicherlich immer mal lümmeln werden?
Wir nutzen die konzertfreien Wochen zum Beispiel auch, um die Gestaltung von »Musik in Dresden« zu überarbeiten. Die letzten Updates der 2007 gegründeten Seite liegen nun schon wieder einige Jahre zurück.
Und dann beginnen irgendwann hoffentlich die Musikfestspiele. Und wir alle werden uns das Dresdner Kulturleben so langsam zurückerobern. Ich freue mich schon darauf.