Da kann es eigentlich nur einen geben – und der darf am heutigen 8. Mai seinen 75. Geburtstag begehen. Eine weltweite Fan-Schar feiert vermutlich mit ihm, kramt alte Schallplatten heraus, durchsucht das CD-Regal, schmökert in der großartigen Biografie von Wolfgang Sandner*, schaut sich das wunderbare Filmporträt »The Art of Improvisation« des Leipziger Labels EuroArts an oder trottet durch diverse Angebote im weltweiten Netz. Man muss nicht hellsehen können, wenn man voraussagt, das »Köln Concert« wird in den kommenden 24 Stunden mal wieder besonders häufig aufgelegt werden.
Ja, es geht um Keith Jarrett, der just am Tag der Befreiung der Welt vom deutschen Faschismus in Pennsylvania, U.S.A., geboren wurde und – als gäbe es da einen Zusammenhang – ein Leben lang die Freiheit in der Musik zelebriert hat. Wenn einer mit drei Jahren schon am Klavier sitzt, mit sieben sein erstes Konzert gibt und mit zwölf die erste Tournee antritt, darf wohl durchaus das Wort vom Wunderkind gebraucht werden. Inzwischen gilt er als Altmeister und wirkt, trotz mehrerer Krisen, noch immer wunderbar jung.
Unter der weltweiten Anhängerschaft dieses Künstlers dürfte es Menschen geben, die vor allem den überbordenden Improvisator schätzen, andere bewundern das virtuose Genie, manche den exzellenten Solisten, wieder andere den ansteckenden Kollektivgeist des Pianisten. Schließlich hat der mit Größen wie Art Blakey und Charles Lloyd, Carlie Haden und Paul Motian, Gary Peacock und Jack DeJohnette zusammengespielt, mit Miles Davis, Jan Gabarek, Herbie Hancock und vielen anderen sonst. Es gibt aber auch eine Anhängerschaft des Klassikinterpreten Keith Jarrett, denn der widmet sich neben dem Jazz auch dem Barock und der Moderne. Aufnahmen von Bach und Händel über Mozart bis hin zu Bartók und Schostakowitsch (!) sind exzellente Zeugnisse dieser fast grenzenlosen Vielseitigkeit.
Und beim Anhören der Musik dieses innig verspielten Tastenzauberers mögen Erinnerungen aufkommen an dieses oder jenes Konzert mit Keith Jarrett, sei es »La Scala« oder »La Fenice«, sei es »Hamburg ’72«, »Tokyo ‘96« oder »Munich 2016«. Erinnerungen vielleicht auch an dieses oder jenes Album, an diverse Erlebnisse mit Jarretts Musik sowie, ganz besonders, an die schönste Tochter der Welt.
Vielleicht kommt der nun 75jährige Meister ja doch irgendwann einmal nach Dresden?