In dieses Jahr bin ich voller Hoffnung gegangen: Auf der Spanischen Treppe in einer Stadt voller Geschichte, einer Stadt voller Abgründe und Aufstiege, hat mein 2020 absolut friedlich und freundlich begonnen. Kein sinnloses Besäufnis ringsum, kein schmutziges Böllern, es geht also auch anders.
Wenige Tage danach dann der traurige Abschied von Peter Schreier in Dresdens Kreuzkirche. Der berühmte Tenor war Ende Dezember nach langer Krankheit verstorben. Er wird uns allen unvergessen bleiben, das steht fest.
In Görlitz und Zgorzelec fanden Mitte Januar die Internationalen Messiaen-Tage statt. Musikalisches Gedenken an den Wahnsinn des Zweiten Weltkriegs, in dessen Folge weite Teile Europas von deutschen Militärs zerstört worden sind. Da geriet auch der Komponist und Organist Olivier Messiaen in Kriegsgefangenschaft und kam ins sogenannte Stammlager VIIIa in die Stadt an der Neiße, komponierte sein »Quartett für das Ende der Zeit«, das dort am 15. Januar 1941 in einer Theaterbaracke uraufgeführt worden ist. Dank der Ergriffenheit von Albrecht Goetze und eines enormen Engagements vieler Menschen und Institutionen erklingt dieses Quartett inzwischen regelmäßig zu diesem Datum an seinem Entstehungsort, nunmehr verbunden mit einem mehrtägigen Festival im Namen des großen Meisters.
Dem Deutschen Nationaltheater Weimar gelang mit der Einstudierung von Paul Dessaus Oper »Lanzelot« ein spektakuläres Ereignis, dem ich beiwohnen durfte und das ich nur zu gern in seiner Umsetzung an die Erfurter Oper noch einmal begleitet hätte. Doch da waren die Theater in Deutschland und anderswo in der Welt schon geschlossen. So bleibt mir Peter Konwitschnys geniale Inszenierung in bester Erinnerung, aber auch das präzise Dirigat von Kapellmeister Dominik Beykirch (inzwischen dort Chefdirigent) geriet unvergesslich. Ein Stück Musiktheater über die Unfähigkeit des Volkes, mit wirklicher Freiheit zu leben.
In übertragenem Sinn hat auch die Elsa in Richard Wagners »Lohengrin« ihre Probleme damit, wie die Neuproduktion dieser Oper durch Regisseur Joan Antón Rechi am Theater Chemnitz bewies. Sie wurde auf einen rostigen Rummelplatz mit der verbliebenen Leuchtschrift »WNDRLND« verlegt. Ähnlich zeitgeistig, und doch ganz anders, wurden »Die Meistersinger von Nürnberg« durch Jens-Daniel Herzog interpretiert. Als dessen zu den Osterfestspielen Salzburg gefeierte Inszenierung unter Chefdirigent Christian Thielemann Ende Januar in der Semperoper Dresden herauskam, war das Kritikerurteil zwar etwas durchwachsen, nichtsdestotrotz gelang damit eine auch musikalisch opulente Sicht auf das Werk.
Meine dritte Wagner-Premiere im Januar gab es am Teatro Massimo in Palermo: »Parsifal«. Der dortige Musikdirektor Omer Meir Wellber, Erster Gastdirigent an der Semperoper, zauberte eine duftig betörende Klangwelt hervor, Regisseur Graham Vick gestaltete eine an die heutigen Kriegswelten gemahnende Sicht auf dieses durch Italien-Besuche durchaus stark inspirierte Spätwerk des Dichter-Komponisten aus Leipzig.
Inzwischen bekam die Sächsische Staatskapelle mit Adrian Jones einen neuen Orchesterdirektor und erinnerte sich der Dresdner Pianist Peter Rösel einmal mehr an die Umstände seiner Geburt sowie seines Überlebens am 13. Februar 1945.
Wagner rief aber erneut: „Nie sollst du mich befragen!“ Eine äußerst peinliche Am-Werk-vorbei-Interpretation durch einen Opernball-Impresario namens Hans-Joachim Frey in Erfurt. Dieses Kostümfest konnte weder von Generalmusikdirektor Myron Michailidis noch von einem finalen „Bravo, Hajo!“ gerettet werden, zu absurd geriet diese Nicht-Inszenierung. In nicht mal dreißig Tagen waren das also gut sechzehn höchst unterschiedliche Stunden mit und in Opern von Richard Wagner.
In Dresden wurde Christa Mayer währenddessen zur Kammersängerin ernannt, gastierten die Berliner Philharmoniker unter Kirill Petrenko in einem sogenannten Palastkonzert mit unanfechtbar überzeugend vorgetragenen Werken von Igor Strawinsky, Bernd-Alois Zimmermann sowie Sergej Rachmaninow und gab es großartige Beethoven-Konzerte der Philharmonie unter Marek Janowski. Zum 250. Geburtstag des Wiener Meisters aus Bonn sollten mal nicht nur die neun Sinfonien aufgeführt werden, sondern wurde das sinfonische Schaffen in kammermusikalische Glanzpunkte der Streichquartette eingebettet, vorgetragen vom Quatuor Ébène. Dramaturgisch absolut überzeugend. Pandemisch aber leider abrupt unterbrochen.
Der Dresdner Februar konnte trotzdem – trotz des noch lange Zeit „neuartigen“ Virus aus Wuhan – mit zwei Offenbach-Premieren ausklingen: »Banditen« an der Staatsoperette (darüber sei der Mantel des Schweigens gelegt, denn was Jungregisseur Valentin Schwarz da an Klamotte verzapft hat, wies ihn keinesfalls als baldigen Bayreuth-Debütanten aus, was dann auch vom C-Virus verhindert worden ist) sowie »Die Großherzogin von Gerolstein« im Hause Sempers. Da gab es noch Händeschütteln und Küsschen! Erinnert sich heute noch wer daran?
Aus der Wiedereröffnung der Galerie Alte Meister im Zwinger wurde nur ein kurzes Intermezzo, da alle Museen bald darauf wieder geschlossen worden sind.
Mein März begann mit Claude Monet bei Barberini in Potsdam und mit Peter Handke am Berliner Ensemble. Arnold Schönbergs »Gurrelieder« an der Semperoper waren fast schon der Ausklang. Denn danach kamen Begriffe wie Lockdown und Shutdown über uns und die Welt. Zu gern hätte ich die Sicht von Elisabeth Stöppler auf Luigi Nonos »Al gran sole carico d’amore« am Staatstheater Mainz erlebt – wenige Stunden vor der Premiere verhängte die Landesregierung ein Aufführungsverbot.
Von da an gab’s nur noch Absagen und Ausfälle. Nicht nur in meinem persönlichen Kalender, auch bei zahllosen Abonnentinnen und Abonnenten sowie bei sämtlichen Veranstaltern des Landes und der ganzen Welt hagelte es Stornierungen. Am 29. März starb dann auch noch Krzysztof Penderecki, ein nicht nur in Dresden so gern gesehener Gast. Die für Mitte April geplanten Osterfestspiele Salzburg, verbunden mit der Neuinszenierung von Giuseppe Verdis Oper »Don Carlo« durch Regisseurin Vera Nemirova, wurden komplett gekappt.
Fremde Länder wie etwa Italien schienen von einem Tag auf den anderen unerreichbar. Stipendiaten der Villa Massimo in Rom berichteten mir von einem Gefangensein im „Goldenen Käfig“. Komponist Torsten Rasch arbeitete dort an der Endfassung seiner für Dresden geplanten Uraufführung »Die andere Frau« und war damals noch zuversichtlich, dass sie im Sommer auch stattfinden würde.
Mitte April wurde der Sänger, Regisseur, Intendant und nunmehrige Rektor der Musikhochschule Axel Köhler 60 Jahre alt (die man ihm noch heute kaum ansieht). Die geplante Feier musste ausfallen, „bleibe ich eben noch ein Jahr 59“, so sein pragmatisches Urteil dazu. An der Staatsoperette Dresden, wo Köhler eben noch auf der Bühne stand, wurde mit Johannes Pell ein neuer Musikchef inthronisiert. Dessen Herkunft aus dem Heimatland der Operette hat ihn für dieses Amt zwar geradezu prädestiniert, dennoch fiel sein Antritt erst mal ins Schweigen. Für den frischgebackenen Vater gewiss keine Katastrophe, für den Künstler aber wohl doch.
Der geplante Abschied von Andreas Nattermann als Intendant des Societaetstheaters fiel ebenso ins Wasser, in die Abgründe also des immer noch „neuartigen“ Virus wie die gesamten Dresdner Musikfestspiele, deren Intendant Jan Vogler stark auf virtuelle Omnipräsenz setzte, die aber trotz niedlicher Privatissimi selbst in 24-stündigen Bildschirmkonzerten nie das reale Begegnen von musikalischer Darbietung und lebendigem Publikum zu ersetzen vermochte.
Der Tänzerin und Choreografin Katja Erfurth wurde Mitte Mai den Dresdner Kunstpreis zugesprochen, die an der Semperoper geplante Salzburg-Übernahme von Verdis »Don Carlo« musste abgesagt werden. Erst in der zweiten Hälfte des Juni wurde mit einem als »Aufklang!« bezeichneten kammermusikalischen Querschnitt dieser Oper ein Neuanfang gewagt. Gut 330 Menschen im Parkett und in den Rängen verteilt, eine Handvoll Instrumentalisten auf der Bühne und ebensoviele Sängerinnen und Sänger mit Abstand darauf verteilt. Lediglich Anna Netrebko als Elisabetta und ihr Gatte Yusif Eyvazov in der Titelpartie durften sich berühren und sogar herzen. Ein großer Erfolg fürs spärliche Publikum und wohl auch für die Presse, doch für die festangestellten und erst recht für die auf Honorarbasis tätigen Sängerinnen und Sänger mag es wie ein Schlag ins stumme Gesicht gewesen sein.
Ein erstes echtes Bühnenerlebnis nach dem Frühjahrs-Lockdown gelang dann ausgerechnet zu den Schlossfestspielen in Batzdorf, also nicht etwa einem der großen, etablierten Häuser. Tom Quaas und seinem Team ist eine wunderbare Beethoven-Ehrung zu verdanken, deren Originalität heute noch nachhallt. Ganz anders der fest vereinbarte Abend mit der Sängerin Camilla Nylund und dem Pianisten Helmut Deutsch, dessen vereinbarte Moderation zwar professionell vorbereitet worden ist, dann aber ersatz- und entschädigungslos abgesagt wurde.
Plötzlich und geradezu überraschend war auch wieder ein Frühstück in Prag möglich. Wir haben ein Mittagessen daraus gemacht und eine völlig überraschende Art Renaissance an der Moldau erlebt. Die erwachende Stadt!
Eine Schattenseite hingegen war die endgültige Schließung des einzigen ernstzunehmenden Dresdner Musikaliengeschäfts. »Opus 61« beendete seine Tätigkeit endgültig. Meine letzte Erwerbung dort war das geniale Album »Killer Instincts« von Sarah Maria Sun.
Das Gewandhausorchester Leipzig, das kurz vom Sommeranfang noch längst nicht wieder an große Konzerte denken konnte, besann sich seiner dramaturgischen Kreativität und rief für seine Abonnenten Gartenkonzerte ins Leben. Bald darauf sprudelten die unterschiedlichsten Ideen: Ein Interview mit Václav Luks in Prag bereitete das Leipziger Bach-Fest vor, das dann aber ganz anders als geplant stattfinden musste. Ein Gespräch mit Christian Thielemann kreiste wenige Tage danach ganz um den Jubilar dieses Jahres, Ludwig van Beethoven. Der habe Türen geöffnet, die musikalische Aufbrüche bis weit in die Gegenwart und Zukunft hinein ermöglicht hätten. Und gegen Ende des Monats Juli produzierten Marek Janowski und die Dresdner Philharmonie eine konzertante Aufnahme von Beethovens einziger Oper »Fidelio«.
Dass wenig später die Uraufführung von Peter Handkes »Zdeněk Adamec« zu den Salzburger Festspielen stattfinden sollte, schien da noch undenkbar. Aber sie fand statt, wenn auch um wenige Tage verschoben. Das so gern als Mutter aller Festspiele bezeichnete Kunstfest setzte aller Welt ein Zeichen und zelebrierte im Landestheater Handkes Stück um die Selbstverbrennung eines Verzweifelten, ließ im Festspielhaus Mozarts »Così fan tutte« und die »Elektra« von Richard Strauss stattfinden, startete eine faszinierende Aufführungsserie aller Beethoven-Klaviersonaten mit Igor Levit im Haus für Mozart. Unvergessliche Eindrücke!
Nach einem italienischen Sommer durfte für ein ausführliches Interview der Dresdner Pianist Gerald Fauth als neuer Rektor an der Leipziger Musikhochschule Felix Mendelssohn Bartholdy begrüßt werden (der schon wenig später mit einem Offenen Brief an die deutsche Bundeskanzlerin von sich reden machte), konnte über sehenswerte Beethoven-Ausstellungen (ebenfalls in Leipzig, eine im Bach-Museum, die andere in der Deutschen Nationalbibliothek) berichtet werden und zelebrierte das Jugendjazzorchester Sachsen im Festspielhaus Hellerau ein echtes Live-Konzert vor echtem Publikum. Ein ganzes Wochenende lang ist Ende August im Europäischen Zentrum Erinnerung, Bildung Kultur Görlitz Zgorzelec das besagte Messiaen-Quartett für den europäischen Kulturkanal Arte aufgenommen werden. Isabelle Faust (Violine), Pierre-Laurent Aimard (Klavier), Jean-Guihen Queyras (Violoncello) sowie Jörg Widmann (Klarinette) haben da ganz Großes geleistet. Der Ausstrahlungstermin ist leider noch ungewiss.
Die Sächsische Staatskapelle begann ihren Strauss-Zyklus, der bis heute unvollendet bleiben musste, Dresdens Jazzclub Tonne nahm wieder Fahrt auf und startete die ersten Konzerte (der tapfere Auftritt von Johanna Summer hat durchaus begeistert), die Sächsische Akademie der Künste war in der Scheune zu Gast und machte auf die unsichere Situation der Kultur- und Kunstschaffenden aufmerksam. Auch in Berlin wurde Mut bewiesen, das Musikfest konnte wider Erwarten doch stattfinden und wurde höchst professionell gemanagt. Konzerte der Berliner Philharmonie unter Vladimir Jurowski sowie eine weitere Serie der Beethoven-Sonaten mit Igor Levit haben Zeichen gesetzt.
Solch eine Zeichensetzung hatten sich auch die Bundesländer Brandenburg und Sachsen ausnahmsweise mal gemeinsam auf die Fahnen geschrieben und erkleckliche Summen Steuergeld in ein Lausitz-Festival gesteckt, das an zuvor kaum bekannten Orten der Provinz mit großen Namen – vor allzu wenig Publikum – aufzuwarten vermochte. Martha Argerich, Gidon Kremer und Mischa Maisky in Konzerten, Isabel Karajan, Henriette Thimig sowie der Pianist Daniel Ciubanu in der von Klaus Ortner inszenierten Uraufführung »Taubenliebe« mit Beethovens Diabelli-Variationen zu Texten von Antonio Fian – hätte man das alles im Frühjahr für möglich gehalten?
Lange im Vagen blieb notgedrungen auch das Projekt »Himmel über Prohlis« der immer schon wagemutigen Dresdner Sinfoniker, die mit dieser einmaligen Aufführung eine neue Hochhaussinfonie kreiert und zugleich ein kultur- sowie soziopolitisch bedeutsames Achtungszeichen gesetzt haben. In der Semperoper wurde ein weiteres »Fenster aus Jazz« aufgetan, diesmal mit dem Schlagzeuger Günter Baby Sommer und dem Schriftsteller Christoph Hein (den einladen zu wollen ein inzwischen recht randständig gewordenes Buchhaus tatsächlich den Mut hatte, aber da wohl die eigene Fehlentwicklung nicht im Blick gehabt hat).
Loschwitzer Engagement kann aber auch in ganz andere Richtungen zielen und mit privater Initiative in einem zauberhaften Kleinsttheater Beethovens »Geschöpfe des Prometheus« mal ganz familiär hervorbringen – so erlebt Ende September an der Pillnitzer Landstraße. Und noch am selben Abend ein wunderbarer Kammerabend in der Semperoper mit Maestro Myung-Whun Chung.
Ende September fand im Festspielhaus Hellerau dann tatsächlich eine echte Premiere statt, eine veritable Uraufführung sogar. »Schlachthof 5« von Vladimir Rannev, frei nach dem gleichnamigen Roman von Kurt Vonnegut. Sozusagen eine Corona-Premiere, denn sowohl Regisseur Maxim Didenko als auch Dirigent Olaf Katzer und dessen Ensemble AuditivVokal haben sich dieser Herausforderung unter absolut ungewöhnlichen Bedingungen gestellt.
Fast schon normale Umstände herrschten – wenn man von Abstandsgebot und Maskenpflicht einmal absieht, aber daran hat man sich inzwischen ja beinah gewöhnt – beim jüngsten Filmkonzert der Dresdner Philharmonie, das einmal mehr von Helmut Imig geleitet, diesmal mit dem noch immer berührenden Stummfilmklassiker »Panzerkreuzer Potemkin«.
In diesem Jahr der abgesagten Festspiele und Festivals überraschte im Herbst dann das Janácek-Festival in Brno, das zu einer Neuinszenierung der selten gespielten Oper »Osud« (»Schicksal«) geladen hatte – nach vielversprechendem Auftakt aber leider aufgrund der wieder rapide ansteigenden Infektionszahlen rasch zurückstecken musste. Doch mal wieder eine Oper „wie früher“ zu sehen, also mit vollem Orchester im Graben und körpernahem Spiel auf der Bühne, das waren schon sehr nachdenklich stimmende Momente.
Ebenso das Wiedersehen mit »Zdeněk Adamec« von Nobelpreisträger Peter Handke, nun in der deutschen Erstaufführung in Berlin. Über den völlig unethischen „Menschenversuch“ eines Dresdner Unterhaltungsfestivals, das zum höchst fragwürdigen Auftritt eines Möchtegern-Gurus „freiwillige Infektionsgruppen“ kreierte, während sich überall sonst im Land große und kleine Veranstalter größte Mühe gaben, einen für alle Beteiligten sicheren Spielbetrieb zu organisieren, breiten wir hier lieber den Mantel des Schweigens aus. Denn wie sehr ein verhinderter Kontrabass damit alle Bemühungen privater Einrichtungen ebenso wie öffentlicher Häuser und Institutionen unterlief, ist bereits ausführlich diskutiert worden und müsste schon längst ein juristisches Nachspiel haben..
Am 1. November gab es mit Mozarts »Zauberflöte« die erste und einzige Neuinszenierung an der Semperoper unter Pandemie-Bedingungen; zugleich die letzte Aufführung bis auf Weiteres. Seitdem wird wieder gestreamt und verschoben, gehofft und gestritten. Sollten Musikschulen, wie in Sachsen geschehen, als Freizeitangebot deklariert werden? Inzwischen sind sie bundesweit geschlossen, ebenso wie alle sonstigen Schulen und viele weitere Kultur- und Bildungseinrichtungen. Damit konnte auch das lang und gut vorbereitete Jubiläum 150 Jahre Dresdner Philharmonie nicht wie geplant umgesetzt werden; die Fernsehaufzeichnung des Festkonzertes im leeren Konzertsaal bleibt als zwiespältiger Eindruck: eine musikalische Glanzstunde vor leerem Gestühl.
Im Rückblick ist 2020 ein durchaus kulturvolles und musikreiches Jahr gewesen. Mit den entsprechenden Abstandsgeboten und Hygienevorschriften – sowie mit einem generell respektvollen Umgang – war einiges möglich, ist aber nichts mehr so, wie es mal war.
Wie werden wir aus diesem Jahr gehen? Hoffnungsvoll mit der Aussicht auf hilfreiche Impfstoffe oder besorgt wegen der britischen Mutationen des längst nicht mehr „neuartigen“ Virus? Die weltweiten Folgen dieses Jahres 2020 sind noch lange nicht abzusehen. Es sollte allerdings klar sein, dass sich die Menschheit nicht weiterhin so wie bisher aufführen und verhalten sollte. – Die Menschheit? Das ist jeder von uns. Du, ich, Sie, wir alle.