Christoph Münch (*1963), seit Jahren angestellt bei der Dresden Marketing GmbH, ist leidenschaftlicher Konzert- und Operngänger, Sänger, sympathischer und kenntnisreicher Gesprächspartner zwischen Tür und Angel über alles, was entfernt nach Musik riecht. Nun hat der studierte Musikwissenschaftler, der auch Mitglied des Berufsverbandes Dresdner Gästeführer ist, einen Riesenschinken über die Musikstadt Dresden herausgebracht.
Christoph Münch ist Beute-Dresdner. Geboren in Frankfurt/Main, sammelte er seine ersten musikalischen Erfahrungen in einem Knabenchor, studierte später in Heidelberg Musikwissenschaften, Germanistik und Geschichte. Und kam dann vor über fünfundzwanzig Jahren in die sächsische Landeshauptstadt, wo er seitdem hauptberuflich im Tourismusmarketing tätig ist. Im Kammerchor der Frauenkirche Dresden ist er nebenbei seit Jahren als Sänger ebenso zu hören wie auf den Brettern der Staatsoperette und den Landesbühnen.
Ob das Virusjahr 2020, in dem touristisch ja ungleich weniger los war als in den vergangenen Jahren, der Vollendung des Mammutwerks »Dresden – 500 Orte der Musik« vielleicht sogar förderlich war? In dem großformatigen, 624 (!) Seiten zählenden und von außen von Mathias Salomon wie eine dicke DIN-A4-Partitur gestalteten Band, der kurz vor Weihnachten in einem Book-on-Demand-Verlag herausgekommen ist, versammelt Münch ein lokales, durch zahlreiche Querverweise im Text verknüpftes musikalisches Dresden-Wiki.
In achtzehn umfangreichen Kapiteln sind die musikalischen Orte nach Stadtteilen geordnet aufgelistet – wobei dieses Buch als als eine schier bodenlose Fundgrube von Namen, Orten und Geschichten anzusehen ist. Im besten Fall schlägt man es wahllos auf, lässt sich somit per Zufall inspirieren oder blättert es gleich von vorn bis hinten durch und bleibt bei spannenden Themen hängen. Wer konkret nach Komponisten o.ä. sucht, ist verloren, ein brauchbares Stichwortverzeichnis fehlt nämlich. Wohl listet das Personenregister Namen wie Ludwig van Beethoven, Robert Schumann oder Carl Maria von Weber auf – aber zu denen sind dann jeweils mehrere Dutzend Seitenzahlen abgedruckt. Wo beginnen?
Und man stößt auch immer wieder auf Lücken im Register. Nur ein Beispiel: Natürlich erwähnt der Eintrag zur Messe Dresden Vonneguts »Schlachthof 5«. Dass die Musiktheaterproduktion gleichen Namens indes am 24. September 2020 ihre Uraufführung am Festspielhaus Hellerau feierte (s. ein ausführlicher Text auf Seite 479 des Buches), listet das Register unter „Vonnegut“ nicht auf. Wie man etwa auch nach Jacopo Godani, dem künstlerischen Direktor und Choreographen der Dresden Frankfurt Dance Company, oder der Künstlerischen Leiterin von „HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste“ (seit 2018 ohne das ‚Dresden‘ am Ende), Carena Schlewitt, vergeblich sucht.
Wie müssen wir uns die Entstehung dieses Buches denken? Sicherlich als ungeheure Fleißarbeit. Wahrscheinlich liegt ihr eine Art digitales Karteikarten-System zugrunde, zu dem über die letzten Jahre quasi nach Feierabend immer wieder neue Namen, Fakten, Abbildungen, Fotos (die meisten vom Autor selbst!), Jahresdaten und so manch amüsante Anekdote hinzukamen. Positiv daran ist, dass Münch bis zum letzten Tag vor der Veröffentlichung, also bis in den Dezember 2020 hinein, aktuelle Entwicklungen und Termine mit in das Buch aufgenommen hat. Aber es tun sich auch immer wieder schmerzhaftere thematische Fehlstellen auf, die vielleicht den musikalischen Vorlieben des insgesamt unheimlich akribisch arbeitenden Autors geschuldet sind. Wäre es doch zum Beispiel gerade im Beethoven-Jahr im Eintrag des Linckeschen Bades (S. 439ff.) interessant gewesen zu erwähnen, dass Beethovens Lehrer Christian Gottlob Neefe „in den Jahren 1776 und 1777 in Dresden als Kapellmeister der Seylerschen Theatergesellschaft tätig gewesen [war], die in dem kleinen Theater „am Linckeschen Bade“ vor dem Schwarzen Tore in der Neustadt spielte. Neefe hatte in Dresden reiche Anerkennung gefunden. Selbst der Kurfürst war auf ihn aufmerksam geworden; er spielte seine Sonaten und erhielt später von Neefe dessen Klavierkonzert zugeeignet.“ (Quelle, S. 12f.)
Ich bin mir sicher, dass das Werk in den nächsten Wochen den Weg über die Buchhandlungen und den Buchshop des Verlags zu seinen zahlreichen, sicherlich vorrangig Dresdner Lesern finden wird.
Dresden – 500 Orte der Musik Christoph Münch 624 Seiten, 29,7 x 21 cm, Paperback Erscheinungsdatum 14.12.2020 876 Schwarzweiß- Abbildungen, 18 farbige Kapitelfotos ISBN: 9783752670257 Book on Demand Norderstedt EUR 59,- | Premium-Ausgabe: 624 Seiten, 29,7 x 21 cm, fester Einband Erscheinungsdatum 14.12.2020 894 Abbildungen, davon 130 farbig ISBN: 9783752670271 Book on Demand Norderstedt EUR 99,- |