Trauer muss Elektra tragen. Kein Ballkleid, kein Smoking, keine gaffende Menge am roten Teppich. Nicht mal ein scheinheiliger Georg am Orden für irgendeinen Diktator. Dabei war doch just für diesen letzten Februar-Freitag „der [sic!] größte Klassik-Entertainment-Event im deutschsprachigen Raum“ angekündigt gewesen, Sie wissen schon, der – nach eigener Schreibweise – »SemperOpernball«! Doch auch an diesem Abend herrscht in der Semperoper nur dunkelstes, dunkelstes Schweigen. Kein Feuerwerk, kein Spektakel.
Was ja nur konsequent ist. Wenn dort nicht mal mehr Kunst stattfinden kann, ist künstlicher Kommerz erst recht verzichtbar. Wo selbst künstlerische Inhalte gestrichen werden, wird eitle Leere (als wäre sie das nicht ohnehin schon immer gewesen!) vollends entbehrlich.
Wer aber nach dem von Hans-Joachim Frey verschuldeten Debakel des vergangenen Jahres, als die Bühne der Semperoper für eine höchst fragwürdige Ehrung (bösere Zungen sagten versuchte Reinwaschung dazu) eines ägyptischen Potentaten missbraucht werden sollte, auf ein Ende dieser Bälle gehofft hatte, sieht sich enttäuscht. Verrückte Selbstdarstellung scheint ebenso unverzichtbar zu sein wie das Schaulaufen vor gezückten Fotogeräten und entzückten Elbtalbewohnern. Also wird der diesjährige Winterball zwar der Pest geopfert, aber weder ausgetrieben noch abgesagt. Im unschlagbaren Stehaufmännchen-Effekt ist für Ende Juni »Die Große Sommer-Benefizgala des SemperOpernballs« angedroht worden.
Der die bisherigen Bälle anrichtende Impresario indes will nicht so lange warten und geht längst andere Wege. Frey steuert mit seinem Opernball-Zirkus demokratieferne Richtungen an und ist damit bald wieder bei guten Bekannten unterwegs. Der Rrrubel muss schließlich rrrollen, wie er das schon vor Jahren tat, als dem russischen Spitzel-Präsidenten untertänigst hofiert worden ist. Davon konnte Putin zu seinen Dresdner KGB-Zeiten nur träumen. Jetzt soll just zum Petersburger Herbst ein Ableger der Semper-Sause im zaristischen Katharinenpalast ausgetragen werden. Gottesnarren wie Boris Godunow dürften ihre helle Freude daran haben, falls nicht von sibirischer Lagerhaft bedroht.
Noch etwas heißer soll es dann im Dezember 2021 zugehen, wenn der »SemperOpernball« golfen geht und als »Dubai Ball« vermarktet wird. Da fallen vielleicht keine Schleier, aber möglicherweise vorletzte Schamgrenzen. Tanze, Salome, tanze! Königinnen und Könige werden dir ebenso nachsehen wie gewisse Propheten. Vielleicht gibt es ja irgendwann auch einen Frey-Ball in Istanbul, in Mar-a-Lago oder gar in Damaskus? Würdige Drachentöter-Preisträger warten auch da.