Erst auf die Bühne, dann auf den Bildschirm: Die vor 35 Jahren in Hamburg uraufgeführte Kammeroper »Weiße Rose« des Dresdner Komponisten Udo Zimmermann kommt just zum 100. Geburtstag von Sophie Scholl in einer neuen, einer besonderen Fassung heraus. Nicht nur an Dresdens Semperoper war das Stück für diese Spielzeit geplant. Auch die Staatsoper Hamburg hat es sich auf die Fahnen geschrieben. Aus gegebenem Anlass, versteht sich. Während Dresden das Projekt nun erst einmal stornierte, ist Hamburg einen anderen Weg gegangen und hat dieses Kleinod bekenntnishaften Musiktheaters über den Widerstand von Sophie und Hans Scholl gegen die Nazi-Diktatur als eine Graphic Opera umgesetzt. Oper also auf dem Bildschirm statt auf der Bühne. Dennoch ein Zeichen von Haltung. Und ein Bekenntnis zu ästhetisch ganz neuen Formen des Theaters.
Die »Weiße Rose« wird in Hamburg als Graphic Opera produziert. Das heißt, die beiden Sänger-Darsteller Marie-Dominique Ryckmanns und Michael Fischer proben und spielen ihre Parts als Sophie und Hans Scholl auf einer realen Bühne, werden in diesen Szenen professionell gefilmt und dann in eine animierte Szenenfolge gesetzt.
Da geistern scherenschnittartig Wölfe mit Nazi-Symbolen durchs Bild, kurven Busse mit Hakenkreuzen und den Assoziationen von Todesfahrten herum, wird die unmenschliche Bedrohlichkeit der damaligen Situation vermittelt. Vor, in und auf diesen Bildern die Geschwister Sophie und Hans Scholl. Die im Februar 1943 nach einem Tribunal unter dem Vorsitz des „Volksgerichtshofspräsidenten“ Roland Freisler (dessen Witwe später nach dem sogenannten Bundesversorgungsgesetz eine stattliche Rente bezog) hingerichtet worden sind. Weil sie Flugblätter gegen das Naziregime verbreitet hatten und dafür von einem treudeutschen Hausmeister denunziert worden sind. Da waren Sophie und Hans Scholl 21 beziehungsweise 24 Jahre jung. Zwei mutige Menschen mit Sehnsüchten und Haltung.
Diese Schicksale berühren bis heute. Und auch Udo Zimmermanns Musik, in der fiktiv die letzten Stunden der Geschwister Scholl beschrieben wird, ist ergreifend. Als Graphic Opera, Regisseur David Bösch zufolge „eine Bastard-Oper, wo alles reinkommt“, mit ganz faszinierenden Effekten.
»Weiße Rose« – ARTE TV, 8. Mai, 23.40 Uhr, sowie in der Mediathek des deutsch-französischen Kulturkanals: