Musik in Dresden gibt es auch außerhalb von Semperoper und Kulturpalast. Sie findet nicht nur zwischen Kraftwerk Mitte und Festspielhaus Hellerau statt, sondern auch im eher Verborgenen. Dort aber oft wesentlich lautstärker und voller Energie. Die Rede ist von den Clubs und Livemusikspielstätten dieser Stadt. Zu finden sind sie meist unter Tage in verborgenen Kellern, einstigen Fabrikhallen und umgewidmeten Werkstätten. In den vergangenen eineinhalb Jahren haben sie weitgehend geschwiegen.
Als kürzlich die ersten der zumeist in freier Trägerschaft befindlichen Spielstätten mutig zu heiß erwarteten Wiedereröffnungspartys geladen haben, da ahnten sie noch nicht, dass darin schon wieder Abschiedsmusik erklang. Die neue Corona-Schutzverordnung sieht zwar ausdrücklich keinen Lockdown mehr vor, verlangt aber eine strenge Masken- und Abstandspflicht. Auch für die Clubs. Was Wunder, dass manche Veranstalter eine Art von Berufsverbot darin sehen. Wieviel Konzert- und Tanzvergnügen kann solcherart distanziert und maskiert schon aufkommen?
Wer die Szene aufgrund ihres Protests aber für so unvernünftig wie aluminiumumwickelte Querköpfe hält, irrt. Die in der Live-Initiative Sachsen (LiSA) zusammengeschlossenen Club-Betreiber haben sich ihre Argumente gründlich überlegt. Einerseits würde eine Schließung der Clubs bedeuten, dass Partys in mehr oder minder illegale Bereiche abgedrängt würden, wo es keinerlei Sicherheitskonzepte und Nachverfolgungsmöglichkeiten von Infektionsketten mehr gibt. Andererseits könne aber auch die Glaubwürdigkeit der Demokratie gerade bei jungen Menschen Schaden nehmen. Denn was bedeutet die jeglichen Clubbetrieb verhindernde neue Verordnung praktisch anderes als einen neuen Lockdown in diesem Bereich?
Clubbetreiberin Henny Völzke bringt das als LiSA-Mitglied so auf den Punkt: „Es ist unfair der jungen Generation gegenüber. Es wurde versprochen, wenn ihr euch impfen lasst, kriegt ihr eure Freiheiten zurück. Man kriegt die Freiheit jedoch nicht zurück, weil es eine Gruppe von Älteren gibt, die sich weigern, sich zu impfen zu lassen. Das heißt: die junge Generation wird wieder dafür abgestraft, weil die ältere egoistisch ist.“ Und LiSA-Pressesprecher Felix Buchta ergänzt: „Das Worst-Case-Szenario wird sein, dass Clubs unwiederbringlich werden schließen müssen. Weil entweder dann die Rücklagen fehlen oder uns das Personal endgültig wegläuft. Oder den Betreibenden einfach die Puste ausgeht.“
Dabei hätten sich die Clubs, so wird unterstrichen, seit Anbeginn der Pandemie um sichere Veranstaltungskonzepte bemüht und zuletzt überwiegend nach dem Prinzip 2G+ gehandelt, also nur Geimpften und Genesenen Einlass gewährt, dazu aber noch sämtliche Gäste vor Ort zusätzlich Schnelltests unterzogen. Felix Buchta fordert namens der Initiative, „dass endlich mit uns gesprochen wird, bevor derartige Maßnahmen getroffen werden.“ Darüber hinaus sei es unabdingbar, Maskenpflicht und Abstandsregelungen wieder aufzuheben und zu einem sicheren Veranstaltungsbetrieb zurückzukommen.
Wie so oft, ist auch hier die Realität der Politik deutlich voraus, die sich – in Klein Sachsen zumindest – dem Gespräch mit der Clubszene bisher versagt. Lieber wird ängstlich nach Berlin geäugt, wo ein umtriebiger Maskenhändler und erfolgloser Impfstoffbesorger, im Nebenberuf (noch) Gesundheitsminister, kürzlich verheißen hat, die „epidemische Lage nationaler Tragweite“ zum 23. November beenden zu wollen. Anders als ein kräftiges Kuckucksei für die Nachfolgeregierung kann man das nicht bezeichnen. Da war ja selbst Thomas Gottschalk einen großen Schritt weiter, der kürzlich frotzelte, er sei zur Jubiläumssendung von »Wetten, dass?« sogar geduscht, „also 4G!“