Dresden lässt sich nicht auf einen Nenner bringen. Heute weniger denn je. Auch zwanzig Jahre nach dem sogenannten Jahrhunderthochwasser ist nicht die Elbe der Graben inmitten der Stadt, sondern schaufelt sich die sogenannte bürgerliche Mitte der Stadt – also mehr oder minder ihr Querschnitt – höchst kraftvoll die eigenen Gräben. Die reichen und spalten vom Zentrum bis hin an die Ränder dieser Enklave und von dort wieder zurück.
Das Gerücht mit dem Welterbe hat sich ja nun schon seit langem ganz von selbst erledigt. An der Fama »Kulturstadt« wird allerdings noch immer gearbeitet, wobei die Begriffe Kultur und Tourismus nicht selten miteinander verwechselt oder sogar als gleichwertig behandelt werden. Ein gewaltiges Missverständnis.
Just vorm nach wie vor schicksalsbeladenen Datum des 13. Februar ist nun ein Mahnmal auf dem Heidefriedhof geschändet worden. Da wurde ein Gedenkstein gedankenlos in sein Gegenteil verkehrt. Kann mit einer derartigen Aktion etwa der dringend notwendige Dialog angeregt werden? Das kann er ganz sicher nicht.
Da sich diese Stadt so gern als Nabel der Welt sieht – sollte angesichts des gegenwärtigen Säbelrasselns von Politik und Medien, des militanten Aufpeitschens und Hetzens mit einem teils nationalistischen Vokabular von hier aus nicht ein anderes Zeichen ausgehen? Wie wäre es, gemeinsam mit anderen geschundenen Orten – Coventry, Guernica, Hamburg, Lidice, Oradour, Sankt Petersburg, Warschau … (die Aufzählung könnte schier endlos fortgesetzt werden) – für Aussöhnung und Aufklärung einzustehen? Statt mit Drohgebärden und schlimmstenfalls Waffengewalt einen Appell auszusenden, um sämtlichen Rüstungsproduzenten und -exporteuren dieser Welt Einhalt zu gebieten, auf dass der barbarische Wahnsinn endlich gestoppt wird?!
Eine ewig uneinlösbare Utopie? Oder ein Ziel, dass nun endlich (wenn auch mit jahrhundertelanger Verspätung) angestrebt werden sollte?
Vielleicht eine überlegenswerte Idee, wenn die sonntäglichen Gedenkkonzerte von Philharmonie und Staatskapelle verklungen sind, das Glockengeläut und die Aufmärsche wieder einem Alltag weichen, in dem Gewalt, Zerstörung und Hass nicht alltäglich sein sollten?