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Die Herren der Ringe

Fotocollage MiD (Marek Janowski: Foto Markenfotografie; Christian Thielemann: Matthias Creutziger)

Drei bemerkenswerte Ringe hat Marek Janowski in seinem langen Dirigentenleben bereits geschmiedet: einen Dresdner, einen Berliner und Bayreuther. Vor vierzig Jahren verzückten die konzertanten Aufführungen im Kulturpalast diejenigen, die eine Karte ergattert hatten; die Plattenaufnahmen mit der Sächsischen Staatskapelle und einem heute legendären Sänger-Ensemble, die damals in der Lukaskirche entstanden, lassen sich immer noch gut anhören. Während die Dresdner Philharmonie 2012 unter Michael Sanderling das allerletzte Mal im alten Saal des Palastes spielte, feierte Janowski das Wagner-Jubiläum 2013 mit einem weiteren »Ring«, der damals von Deutschlandradio Kultur übertragen wurde und ebenfalls auf Tonträger erhältlich ist. Und 2016 übernahm er von Kirill Petrenko den Bayreuther Castorf-Ring, den Petrenko von 2013 bis 2015 dirigiert hatte, und wurde im Gegensatz zur Regie enthusiastisch gefeiert. (Für Hartmut Haenchen sprang er damals übrigens gleich noch kurzfristig beim »Parsifal« ein.)

Nun kommt zum Abschluss seiner Dresdner Zeit – quasi zur Krönung seiner Dirigentenlaufbahn – ein weiterer »Ring« dazu. Konzertant auch dieser, und wieder im Kulturpalast, der natürlich nun akustisch ertüchtigt ist. Einige der Sängernamen kennen wir aus seinen früheren Zyklen (Christian Elsner, Jochen Schmeckenbecker, Marina Prudenskaya). Für das Orchester aber, die Dresdner Philharmonie, ist dieser »Ring« tatsächlich der allererste Durchlauf in seiner hundertfünfzigjährigen Geschichte. Kein Wunder also, dass gestern das Publikum, darunter einige Staatskapellen-Musiker und Bayreuth-erfahrene Sänger, zum »Rheingold« die Ohren neugierig spitzte.

Um es kurz zu machen: im großen Jubel, der den „Vorabend des Bühnenfestspiels“ beschloss, schwang auch Erleichterung mit. Nein, dieses Projekt, an dem sich die Philharmonie durchaus hätte überheben können (und das übrigens nach wie vor erschreckend schlecht verkauft ist: auf den Rängen sind für die morgige »Walküre« noch über zweihundert Karten auf den Rängen und über zweihundertfünfzig Karten im Parkett zu haben), ist kein Ego-Trip. Es ist als ein gemeinsamer Gipfelsturm konzipiert, der das musikalische Selbstbewusstsein des Orchesters stärken und über Dresden hinausklingen soll. Eine Visitenkarte sozusagen, die man nicht zuletzt Janowskis potentiellen Nachfolgern überreichen kann.

Die Nervosität, ob man dieser Aufgabe gewachsen sein würde, durchklang zumindest die erste Stunde des »Rheingolds« deutlich. Das Orchester formte die schäumenden Rheinwellen – die Partitur schreibt eine ‚ruhig heitere Bewegung‘ vor – recht steif. Laute Bässe bauten zu Beginn angespannt dynamische Staustufen, die das natürliche Brausen des Flusses behinderten. Und auch die Sänger, an verschiedenen Positionen vor und hinter dem Orchester, auf den Rängen und der Chorempore positioniert, wirkten anfangs deutlich gehemmt. Die Rheintöchter (hinter den Harfen) waren akustisch etwas unglücklich gestellt; den beiden Riesen (Tareq Nazmi, Rúni Brattaberg) kam ihre Stellung unter der Orgelempore dagegen glänzend zupass.

Spätestens mit den gleißenden Hammerschlägen auf achtzehn Ambossen war der Bann dann gebrochen; Alberich (Jochen Schmeckenbecker) und Mime (Jörg Schneider) zogen vom Leder und ließen lustvoll ein grausig-nebeldampfend-glühwürmelndes Nibelheim vor dem inneren Auge erstehen, so dass den bis dahin etwas distanziert wirkenden Besuchern von oben ordentlich heiß wurde!

Für den „jungen Kollegen“ Daniel Barenboim, dessen dritter Staatsopern-Ring sicher ebenfalls ein grandioses Geburtstagsgeschenk gewesen wäre, sprang bekanntlich Christian Thielemann ein, so dass wir nun das Vergnügen haben, beide Dresdner Chefs zeitgleich mit einem »Ring« zu erleben. In Berlin hebt sich morgen der Vorhang und gibt den Blick auf einen dann sicherlich spätherbstlich-golden dahingleitenden Rhein frei. Dieses Märchenpanorama ist jedoch nur noch für ausgewählte Fans zu haben: alle Karten sind restlos ausverkauft, nur für den »Siegfried« am nächsten Donnerstag sind noch einige wahnfritzig teure Tickets (bis 275 EUR) zu haben.

Und wem dies nicht genug ist: die nächsten beiden Ring-Zyklen mit Christian Thielemann und der Sächsischen Staatskapelle Dresden in der Semperoper stehen noch in dieser Saison an. Diese Aufführungen in der Willy-Decker-Inszenierung sollten bereits 2021 stattfinden.


Janowski-Ring:
30. September 2022 »Das Rheingold«
2. Oktober 2022 »Die Walküre«
8. Oktober 2022 »Siegfried«
15. Oktober 2022 »Götterdämmerung«

Thielemann-Ring Berlin (1. Zyklus):
2. Oktober 2022 »Das Rheingold«
3. Oktober 2022 »Die Walküre«
6. Oktober 2022 »Siegfried«
9. Oktober 2022 »Götterdämmerung«
Thielemann übernimmt auch den 3. Zyklus in Berlin, der am 29./30. Oktober 2022 sowie am 3. und 6. November 2022 stattfindet

Thielemann-Ring Dresden:
27. / 28. / 30. Januar, 1. Februar 2023 sowie 5./6./8./10. Februar 2023

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