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Bunter Herbststrauß, an der Peripherie gesammelt

Foto: Ulf Hinze

Schon zum 18. Mal hat die Geigerin Marjana Winkler am 21. September 2024 in die Schlosskirche ihres Heimatortes Dresden-Lockwitz zu einer Kammermusik eingeladen. Mit zwei ihrer Kollegen aus dem Orchester der Staatsoperette Dresden, dem Violoncellisten Martin Andreas Borck und dem Kontrabassisten Marco Antonio Arriagada Chacón, beide im übrigen erfahrende Kammermusiker, stellte sie in der gut gefüllten Kirche das Programm »Herbstliche Saitenklänge« mit Werken ausschließlich für diese drei Instrumente in wechselnden Besetzungen vor. 

Während in einem Trio von Josef Mysliveček, dem vor allem in Italien erfolgreichen Prager Opernkomponisten, der Kontrabass deutlich die Generalbasslinie markiert, hörte man bereits in den drei folgenden Sätzen aus op. 39 des 1875 in Kiew gebürtigen Komponisten Reinhold Glière, welche zarte Höhen einem solch robusten Instrument entlockt werden kann, wenn man sein Spiel beherrscht.

Neben weiteren klassischen Klängen wie einem Duo von Joseph Haydn, der »Frosch«-Parthia von Leopold Mozart oder vier Tänzen von Béla Bartók in einer Fassung für Violine und Kontrabass überzeugten besonders die Beiträge zeitgenössischer Autoren: 

So von dem jungen brasilianischen Kontrabassisten Wendell Rosa ein Duo »Ascension of a forgotten battle« (Aufstieg oder Himmelfahrt einer vergessenen Schlacht) für Kontrabass und Violine, das 2018 erstmals produziert wurde. Hier war es selbstverständlich die Absicht des Komponisten, als Solist sein Können zu zeigen, aber auch die Geigerin war in diesem Stück gleichermaßen gefordert. Wahrscheinlich zur Überraschung des Publikums selbst und der beiden Solisten gelang den Herren Borck und Chacón mit dem »Fantasy Duo« von Fred Bretschger ein im wahrsten Sinne durchschlagender Erfolg. Der amerikanische Komponist schloss sein Kontrabass-Studium einst an der berühmten New Yorker Juilliard School ab, war ab 1978 Solobassist des Indianapolis Symphony Orchestra und wirkt seit 1993 als Lehrer und Dirigent zeitgenössischer Musik. Was er den beiden Instrumentalisten zumutet, ist aller Bewunderung wert und wurde verdientermaßen mit dem größten Beifall belohnt. Diese Fantasy, die sich in den USA großer Beliebtheit erfreut, ist von starken rhythmischen Impulsen getragen, verzichtet zum Beispiel auf keine der ungewöhnlichen Spielweise wie das Streichen hinter dem Steg, doch ist alles getragen von einer sicheren formalen Gliederung, die sich dem Hörer trotz aller technischen und klanglichen Überraschungen unmittelbar erschließt.

Abschließend erklang eine Passacaglia für Violine und Kontrabass auf das Thema der Orgelpassacaglia BVW 582 von Johann Sebastian Bach. Es war durchaus amüsant zu hören, wie ein Musiker mit dem Namen Chacón (erinnert an die Chaconne, eine seit dem 17. Jahrhundert beliebten Variationsform) eine Passacaglia bewältigt. Der 1974 in Montevideo/Uruguay geborene Efrain Oscher beließ es nicht bei der klassischen Tonsprache, sondern driftete spielerisch in die lateinamerikanische Klangwelt ab, veränderte damit den Urgrund der ernsthaften Bachschen Orgelkunst und schloss so den Abend in heiterer Weise ab.

Marjana Winkler moderierte charmant und berichtete Wissenswertes über Werke und Komponisten. Ihr als Initiatoren der Lockwitzer Kammermusikreihe ist zu danken für die Werkauswahl dieser überraschend bunten Mischung. Und gewiss sind die Anforderungen dieser Art von Kammermusik für die drei Musiker eine bewusste Herausforderung, die sie bestens bewältigt haben.

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