Manche Geschichten, die das Leben schreibt, die sind so schön, dass es sie gar nicht geben kann. Neulich zum Beispiel, da erzählte mir wer, er würde sich gern Gäste einladen. Zum Essen und Trinken, zum Tanzen und Netzwerken und so.
„Ich lade gern mir Gäste ein“, sagte der Mann. Er verriet auch, was seine Gäste für diese Einladung zu zahlen hätten. Für einige sei der Preis sogar unter ihrer Würde, die kämen entweder gar nicht oder nie wieder. Die anderen jedoch griffen tief in ihre Taschen und würden mit Hochglanzfotografien dafür belohnt. „Da wir aber in einem Wohlfahrtsstaat leben“, fuhr der Möchtegern-Gastgeber fort, „muss ich auch das Volk an die Krippe kommen lassen. Kos-Ten-Los!“ Er würde sein Stehpublikum als Straßenkulisse benötigen und nenne es gern den Diederich-Heßling-Verein. Der sei der Treuesten einer!
„Also, ich lade gern mir Gäste ein“, griff er den Faden wieder auf. Am besten für gute Schlagzeilen. Weltoffenheit beispielsweise. Weltoffenheit kommt immer gut. Nur nicht überall, leider. Manchmal stehen sich die Gäste offenbar gegenseitig im Weg. Um dies zu vermeiden, laden die sich dann quasi eigenmächtig wieder aus. Also einer den oder die anderen.
Aktuell wollte sich der selbsternannte Impresario mit prominenten Namen aus den ebenso benachbarten wie verfeindeten Fürstentümern Absurdistan und Irrewahn (Stichwort Nachbarschaftsstreit!) schmücken. Dass der eine Promi – prominent freilich nur durch sein namhaftes Eheweib, das ihn inzwischen auf so ziemlich allen Bühnen der Welt zwecks Gagenverdopplung mit im Schlepptau hat – die Prominenz aus dem Nachbartum nicht neben sich dulden wollte, klingt nun allerdings ein ganz klein wenig nach Chauvinismus. Prinz Horrorofsky, nennen wir ihn ruhig beim Namen, weist alle rassistischen Hintergründe weit von sich (Stichwort Weltoffenheit, siehe oben).
„Nochmal: Ich lade gern mir Gäste ein“, zitiert er seine Selbstherrlichkeit, „da werden viele Ideen entwickelt und wieder verworfen.“ Sein Fest sei während der Programmplanung ein Fest im Fluss. Panta rhei, möchte man ihm eintrichtern, doch bei diesem hintergründigen Zoff geht es nicht nicht um Gewässer, sondern um den heiligen Berg Karacho. Der hat die Völker der fernen Enklaven entzweit. Deren Fürsten haben es so gewollt. Bis hin zum giftigen Sängerstreit.
Seine Durchlaucht, der Gastgeber, ist jedoch höchstselbst nur ein Gast, der nun durch die Intrigen eines seiner Gäste in Erklärungsnöte gerät. Was er natürlich nicht zugeben mag. Hat er bis eben noch verkündet, „die Majestät ist anerkannt, anerkannt“, so schränkt er nun ein, „’S ist mal bei mir so Sitte, chacun à son goût!“
Der eigentliche Hausherr stiehlt sich aus seiner Verantwortung und verweist auf einen Mietvertrag. Und der oberste Chef des eigentlichen Hausherren hat a) ganz andere Probleme und wird b) vermutlich zu den präsidialen Ehrengästen des Untermieters zählen.
Nebenbei bemerkt: Jeder Gastwirt, der a) auf sich hält und b) einer Vermietung auf die Schliche kommt, die als Familienfeier deklariert ist, in Wahrheit aber irgendwelchen Radikalen gewidmet ist, würde den Mietvertrag umgehend stornieren.
Aber das ist natürlich ein völlig anderes Thema, weil aus der wirklichen Welt. Dieses Traumkonzert mit der Diederich-Heßling-Kulisse schwelgt auf ganz anderen Ebenen. Und vielleicht geht es ja gar nicht um Absurdistan und Irrewahn, sondern einfach nur um dick und dünn. Der breite Tenor mag den schlanken Sopran nicht neben sich dulden, das klingt zwar ein wenig nach »Ilse Bilse«, könnte aber a) der Wahrheit viel näher kommen und b) alle Beteiligten vor dem endgültigen Gesichtsverlust bewahren.
Die Hoffnung des Prinzipals ist eindeutig: „Glücklich ist, wer vergisst …“