Gleich drei Preise hatte der Dresdner Cellist Friedrich Thiele vom ARD-Musikwettbewerb 2019 mit nach Hause gebracht: den 2. Preis (für seine herausragende Interpretation des Schumann-Cellokonzerts), den Preis für die beste Interpretation des Auftragswerks – und den Publikumspreis, der ihm selbst auch viel bedeutete. Spendet ein Künstler seine Musik ja üblicherweise eben nicht für eine Jury, sondern für das große Publikum! Und das wartete nun… Denn ein Preis bei einem renommierten Wettbewerb wie diesem ist das goldene Ticket in die Welt der Musik. Wie hebt man sich in unserer Zeit von den unzähligen anderen hochbegabten Cellistinnen und Cellisten ab?, fragte ich den frischgebackenen Preisträger Ende 2019. Er gehe gern in die Extreme, sagte Friedrich Thiele damals, er scheue kein Risiko und versuche auf der Bühne alles in den einen Moment zu legen. „In der heutigen Zeit des großen Perfektionismus ist das immer wieder gern gesehen, und damit hebt man sich auch von der Masse ab. Mir macht es einfach keinen Spaß, einem Cellisten zuzuhören, der die ganze Zeit nur Angst hat, dass ein Ton daneben geht.“
Ja, und dann – dann verschwand das große Publikum, dem Friedrich Thiele sich gern musikalisch vorgestellt hätte. Es blieb zuhause und behalf sich für die nächsten Monate mit Online-Streaming-Angeboten, mit kleinen Häppchen hie und da von seinen Lieblingskünstlern, mit Fernsehübertragungen und knisternden Plattenaufnahmen. Monatelang zeigte die Webseite von Friedrich Thiele unter „KONZERTE“ nur den kummervollen Satz: „Keine Ereignisse gefunden.“
Heute ist es nun ein Jahr her, dass sich Bund und Länder erstmals auf strikte Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung einigten. Nach zwanzig Jahren, von denen ich wohl beinah so viele Abende im Konzert oder in der Oper verbracht habe wie zu Hause (allein aus dem Jahr 2001 habe ich 350 Eintrittskarten aufgehoben), saß ich in Wochen und Monaten, die nun folgten, allabendlich im Home-Office. Schaute Streamings, hörte mit nassen Augen ältere Live-Aufnahmen aus der Semperoper, klimperte etwas auf dem Klavier. Programmhefttexte, Magazin-Beiträge, Vorberichte, Rezensionen, Jahreshefte für große Häuser, alles war ja weggefallen. Stattdessen druckte ich Arbeitsblätter aus: zu Jahreszeiten und Temperaturmessung, zur Glazialen Serie, zum Alten Ägypten und zu den Grundrechenarten. Baute Möbel und besserte die Terrasse aus. Die Frauenkirche bestellte einen Text, ich lieferte: „Müde und wütend.“ Sonst: „Keine Ereignisse gefunden.“
Wo stehen wir in der Pandemie nach zwölf Monaten? Unsere Kinder, seit Mitte Dezember waren sie zu Hause, gehen ab Montag wieder in die Schule. Der Kultusminister hatte am Donnerstag angekündigt, Corona-Tests seien verpflichtend. Am Freitag teilte uns die Schule mit, diese Regelung gelte, sobald Tests verfügbar seien. Bis dahin müsse es eben so gehen. Währenddessen explodieren die Inzidenzzahlen bei Kindern. Wie man die Infektionsverbreitung verhindern könne, wurde der Chef des Robert-Koch-Instituts gestern gefragt. Ein guter Weg sei, so seine Antwort, Schulen und Kitas zu schließen. Sein Institut sagt für die Woche nach Ostern Inzidenzen zwischen 220 und 500 voraus. Dass die Osterfestspiele dieses Jahr in Salzburg wie angekündigt überhaupt stattfinden werden, bezweifle ich immer mehr.
Von der Kapelle nemlich ist jede Mitwirkung abgelehnt und auch die Sängerinnen und Sänger der Oper haben sich jeder thätigen Theilnahme an diesen Concerten entzogen – wie man behauptet, entziehen müssen auf Befehl des Intendanten, was möglich und selbst wahrscheinlich ist. (Eberhard Steindorf, „Die Konzerttätigkeit der Königlichen musikalischen Kapelle zu Dresden (1817-1858)“, S. 435)