Liebhaber in allen Gestalten: Bo Skovhus, Xavier de Maistre
“Wer nie ein Lied zur Harfe sang, der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte!”, mag sich Bo Skovhus gedacht haben. Zum Männertag war der dänische Sänger jedenfalls in
Begleitung des Solo-Harfenisten der Wiener Philharmoniker in der Semperoper zu Gast.
Dieser Xavier de Maistre, der eigentlich Politische Wissenschaft an einer renommierten Pariser École und später an der London School of Economics studierte und dann doch wie nebenbei zum zur Zeit wohl bedeutendsten Soloharfenisten der Welt wurde, gab der Matinee ein ganz eigenes Flair. Ungewohnt intim klangen die Schubert-Lieder “An die Laute” oder “An den Mond” mit einem Mal. Und in Robert Schumanns “Die Tochter Jephtas” zeigte der Musiker, wozu das Instrument eben auch imstande ist: glutvolle Harmonien und flitzende Tongirlanden über sechs Oktaven waren da zu hören, und raubten Skovhus, dessen Ton anfangs noch recht belegt schien, ein gut Teil der Aufmerksamkeit.
Nach drei, vier Liedern hatte der Bariton, der zugibt, ein Medizinstudium aus reiner Faulheit dem vermeintlich leichteren Liedgesang geopfert zu haben, dann die gewohnte stimmliche Geschmeidigkeit erlangt. Skovhus gestaltete das dramaturgisch klug gebaute Programm perfekt aus und ließ sich zum Schluss noch drei Zugaben entlocken. Darunter waren ein dänisches Schlaflied des Komponisten Carl Nielsen und – dem Feiertagspublikum angemessen – “Ich wollt’, ich wär’ ein Fisch”. Das Goethe-Gedicht heißt bekanntlich “Liebhaber in allen Gestalten”. Ein perfektes Ende des Damenprogramms zum Herrentag.
Anders Winter
(Foto: PR, unter Verwendung eines Fotos von Roland Unger)
Eine Druckfassung des Textes ist am 22. Mai in der Sächsischen Zeitung erschienen. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung, ihn hier erneut abdrucken zu dürfen.