Am Mittwochabend wurde das »Klangnetz Dresden« in der Hochschule für Musik “Carl Maria von Weber” eingeweiht. Unter Anwesenheit des Geschäftsführers des Netzwerks Neue Musik, Florian Bolenius, und der Capell-Compositrice Isabel Mundry versammelten sich erstmals Vertreter der von der Bundeskulturstiftung
geförderten Netzwerkpartner, zu denen die Dresdner Philharmonie, die Sächsische Staatsoper und Staatskapelle Dresden, das Europäische Zentrum der Künste Hellerau, die Sinfonietta Dresden, der Dresdner Kammerchor, aber auch viele kleinere Ensembles gehören. Mit dem Initiator und neuen Leiter des Klangnetzes, dem Musikwissenschaftler Dr. Jörn Peter Hiekel, hat Martin Morgenstern vor der feierlichen Einweihung gesprochen.
Herr Hiekel, die Dresdner haben einen wahren Bewerbungsmarathon hinter sich. Nach dem glücklichen Bestehen der ersten Runde galt es, den stattlichen Reigen der bei der Bundeskulturstiftung eingereichten Konzepte weiter zu konkretisieren und die geplanten Projekte finanziell anderweitig zu unterfüttern. Und nun ist es soweit: Dresden erhielt die begehrte Zusage.
Ja, und wir sind sehr froh darüber. Neben vierzehn anderen Städten und Regionen, die außer Berlin alle im westlichen Teil der Republik liegen, hat es auch Dresden geschafft, zur Förderung auserwählt zu sein. Für die nächsten vier Jahre wird damit das »Klangnetz Dresden«, eine ungewöhnlich breite Palette von Projekten, die sich der zeitgenössischen Musik widmen, mit mehr als 165.000 Euro pro Jahr von der Stiftung gefördert werden. Weitere Fördermittel schießen überdies regionale Institute hinzu. Ganz unterschiedliche Institutionen und Veranstalter schließen sich dafür zu einem Netzwerk zusammen, das eine neue Form der Kommunikation und Koordination und somit auch die inhaltliche Abstimmung der Konzepte erlaubt.
Dafür konnten Sie sowohl die renommierten Klangkörper der Stadt – Sächsische Staatskapelle Dresden, Dresdner Philharmonie, oder auch der Dresdner Kammerchor – als auch einige der freien Ensembles gewinnen…
Und wir haben an vielen verschiedenen Orten unzählige neue Projekte aufgesetzt. Am 31. Januar wird “Global Ear” in neuer Gestalt im Societätstheater fortgesetzt. Die Reihe “Für Auge und Ohr” wird im Leonhardi-Museum – mit ebenfalls verändertem Konzept – insbesondere Werke mit Bezug zur bildenden Kunst vorstellen. Auch eine Improvisationsreihe mit dem Ensemble “Neue Dresdner Kammermusik” ist geplant. Eine Anzahl Konzerte mit dem Titel “Spiegelungen” bestreitet zudem die Sinfonietta Dresden. Hinzu kommen Gesprächskonzertreihen in Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Musikbund und der Sächsischen Akademie der Künste.
Wie werden freie Ensembles von dem neuen Klangnetz profitieren können?
Es gibt in den geplanten Projekten schon eine intensive Beteiligung freier Ensembles. Einige Reihen sind offen gehalten, um von wechselnden Ensembles gestaltet zu werden, wie zum Beispiel “Global Ear” oder die „Binationalen Gesprächskonzerte“ in der Sächsischen Akademie. Es gibt schließlich auch Erwägungen und Hoffnungen, im Laufe der nächsten Jahre bisher nicht integrierte Ensembles mit einzubinden, und zwar mit Projekten, die es vermögen, im Kontext des Netzwerkes spannende eigene Akzente zu setzen. Qualitäts- und Originalitätsstandards im Bereich der Musikvermittlung müssen dabei natürlich erfüllt sein.
Das Klangnetz spannt sich auch über Projekte, die starken Ausbildungscharakter besitzen…
Ja, ich erinnere beispielsweise an die “Hellerauer Sommerakademie”, die mit unterschiedlichsten Institutionen unter Federführung des Europäischen Zentrums der Künste an der Schnittstelle zwischen Praxis und Theorie ansetzt. Dort kommen Dramaturgen, Komponisten und Studierende zusammen. Ähnliches gilt für eine geplante Chorakademie mit dem Dresdner Kammerchor. Ausbildungsrelevanz ist auch ein wichtiges Stichwort bei der jährlichen KOOP-Produktion der Semperoper mit den Dresdner Kunsthochschulen und ebenso bei einem neu formierten Ensemble: nach amerikanischem Vorbild planen wir gemeinsam mit der Dresdner Philharmonie unter dem Dirigenten und Komponisten Hans Zender (und später anderen prominenten Musikern) ein Ensemble aus Studierenden und Professoren ins Leben zu rufen. Ein erstes Konzert wird im Rahmen der Dresdner Musikfestspiele am 22. Mai 2008 zu erleben sein; zur Aufführung kommen Werke von Hans Zender, Isabel Mundry, Morton Feldman und Giacinto Scelsi. Erwähnen möchte ich schließlich noch ein Projekt im Grenzbereich von unterschiedlichen Künsten, das gemeinsam von der Denkmalschmiede Höfgen und der Hofmühle Dresden geplant ist und mit neuen Präsentationsformen von Musik experimentiert. Charakteristisch für die Vermittlungsprojekte im Dresdner „KlangNetz“ sind auch zwei Reihen mit sächsischer Musik, in Kooperation mit dem Sächsischen Musikbund und der Sächsischen Akademie der Künste, jeweils also mit wichtigen Kulturinstitutionen, die wir ebenfalls mit ins Boot holen konnten. Last not least ist ein neues Schulprojekt Teil des Netzwerks, das ein Konzept hat, welches von dem “Response”-Gedanken beeinflusst ist. Damit ist gemeint, dass Schüler unter Anleitung von Komponisten angehalten werden, nach dem Erlebnis von Konzerten mit Reflexionen des Gehörten selber zu komponieren. Wir haben insgesamt also ein breites Spektrum für die Vermittlung zeitgenössischer Musik gewählt, vom normalen Gesprächskonzert über Darstellungen speziell für Schüler oder Studenten bis hin zu wissenschaftlichen Veranstaltungen.
Ein Riesenspektrum an Konzerten, Themen und Ideen, das Sie da aufblättern. Wie passen da die “Dresdner Tage für zeitgenössische Musik” hinein; sind sie eigentlich Teil des neuen Netzwerkes?
Nein, dieses Festival bleibt eigenständig. Aber es werden einzelne Vermittlungs-Projekte durch unser „Klangnetz“ beigesteuert; ähnlich wie auch bei den nächsten Dresdner Musikfestspielen. Bei den “Tagen der Zeitgenössischen Musik” wird es zum Beispiel ein Kolloquium geben, das sich bestimmten Themen der Vermittlung von zeitgenössischer Musik widmet.
Vielen Dank für das Gespräch.