Seit mehreren Jahren sind die "microscope sessions" fester Bestandteil des Festivals der zeitgenössischen Musik in Hellerau. In Zusammenarbeit mit der Transmedienakademie Hellerau wird so eine wichtige Brücke nicht nur hin zur elektronischen Musik geschlagen, sondern darüberhinaus auch zur audiovisuellen Raumgestaltung mit digitalen Medien.
Die "elektronische Bewusstseinskultur" manifestiert sich daher auch durch die Einladung besonderer Acts, die nicht den Mainstream der Samstagabendclubs reflektieren sollen, sondern Bestandteil eines fast komponierten Erlebnisses in Hellerau werden. Die Gruppe DS-X.org sorgte im Oberlichtsaal und in der Seitenbühne für die visuelle Ausgestaltung; credit00 oblag, vom Publikum nur wenig goutiert, die Umrahmung des Haupt-Acts. Bei einem reinen DJ-Set entfaltet die kleine Seitenbühne leider keine rechte Anziehungskraft. Das genaue Gegenteil ist der Fall bei einer Live-Performance im selben Raum: die Nähe zu den Künstlern und die unmittelbare Botschaft reiner elektronischer Klänge formt ein besonderes Erlebnis. Und dieses stellte sich auch sofort ein beim Genuss der Performance von Dopplereffekt, einem Musikprojekt, das ohnehin selten zu erleben ist und sich selbst mit Geheimnissen und Pseudonymen umgibt.
Wer sich rar macht und dabei auf so konstant hohem musikalischen Niveau agiert, erzeugt eine große und überzeugte Fanschar. Also drängte man sich in der Seitenbühne unter dem freundlichen Titel "are friends electric?" mit der maximalen Zuhöreranzahl und staunte über zwar wohlbekannte Soundscapes der beiden Synthesizer, deren Anordnung und fast puristische Vollkommenheit jedoch in dieser Strenge eine fast symphonische Dimension erreichte. Spätestens am plötzlichen Ende dieser großartigen Darbietung dürfte man von einem kräftigen Hauch der eingangs erwähnten elektronischem Bewusstseinskultur durchweht worden sein. Und der Blick durchs Hellerau-Mikroskop ist in diesem Jahr vollends gelungen.
Eine Textfassung des Artikels ist am 12.10. in den Dresdner Neuesten Nachrichten erschienen. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung, ihn hier erneut abdrucken zu dürfen.