„Von der Architektur der Klänge“ – sind das die gotischen Kathedralen mit ihrem mystischen Nachhall, waren es die romanischen Bauten und deren stimmschluckendes Rund, ist es die freudvoll verspielte Barockpracht? Zielt dieses Thema womöglich ins Heute, ins die Zeit von Architekten, die ihre Projekte vorantreiben, ohne auch nur eine einzige Note lesen zu können?
Es soll einmal Normalität gewesen sein, dass die Grundgesetze der Musik ins Baugeschehen eingeflossen sind. Und sich umgekehrt steinerne Ewigkeitsgefüge in die vergängliche Kunst der Takte und Tonarten eingebaut haben. Und doch ist es der größtdenkbare Gegensatz, der zwischen flüchtiger Musik und manifester Architektur besteht. Um dem auf den Grund zu gehen, wurde am Freitag zum Abschluss des von der Sächsischen Staatskapelle ausgerichteten „Alfred-Brendel-Projekts“ in die Gläserne Manufaktur zum wichtigsten Sponsoring-Partner des Orchesters geladen. Dort waren Alfred Brendel Senior und Junior Adrian Brendel Gäste eines Podiumsgesprächs mit Dieter Bartetzko und Wolfgang Sandner, dem Architekturexperten sowie dem langjährigen Musikkritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Letzterer moderierte die Runde mit gewohnt kluger Umsicht. Die vier Herren parlierten weltmännisch über den scheinbaren Gegensatz von „flüchtiger“ Musik und „manifester“ Architektur, über die erkennbar musikalischen Strukturen in der Architektur von der Antike bis zur Gotik und ins Barock, bei zumindest einigen herausragenden Beispielen auch in die Gegenwart, über umgekehrt die streng kompositorische Bauweisen in der Musik bei Bach, Beethoven und Mozart.
Sie vermieden die denkbare Falle, bei solcher Thematik nur über Erfahrungen mit guten und schlechten Konzertsälen zu reden, erhellten stattdessen die Zusammenhänge von Bauten und Klängen bzw. Klangentfaltung. Mit Bedauern wurde konstatiert, dass es bei heutigen Architekten nicht mehr zum Selbstverständnis gehöre, die Grundlagen der Musik zu verstehen geschweige denn zu beherzigen.
Alfred Brendel, den Ort des Geschehens im Blick, schlug abschließend vor, nach „Musik und Architektur“ eine nächste Runde mit „Musik und Karosserie“ zu übertiteln. Ein blitzgescheiter Kopf, dem dieses Kapell-Projekt in Dresden sehr zu Recht und mit angemessener Würde gewidmet war.
Dass es zu diesem Anlass und eben auch in diesem exemplarischen Gebäude der Manufaktur ein Klangbeispiel geben musste, verstand sich von selbst. Die Violinisten Annika Thiel und Kay Mitzscherling, der Bratscher Holger Grohs, Cellist Adrian Brendel sowie Masumi Sakagami am Klavier trugen Robert Schumanns Es-Dur-Klavierquintett op. 44 vor – der Klangeindruck geriet quasi zur Fortsetzung des mündlichen Disputs.