Christine Mielietz verlegte die Handlung von "Fidelio" hinter Stacheldraht und in die Mauern eines Gefängnisses mit eindeutiger Nähe zu dem Stasi-Gefängnis in Bautzen. Das unerbittlich voranschreitende Volk in der Schlußzene erinnert an den Mut derjenigen, die mit ihrem friedlichen Widerstand schließlich die Befreiung herbeigeführt haben. Die Kenntnis der damaligen ausnahmslosen Aktualität ist allerdings fast eine Voraussetzung zum Verständnis der Inszenierung, deren Eindringlichkeit vielleicht in dieser Form heute emotional nicht immer nachspürbar sein kann. So manche Szene wirkt gestellt für diejenigen, denen der direkte persönliche Bezug fehlt. Geschichtlich einzuordnen ist daher auch die fehlende Auflösung der Entlassung des Volkes in die Freiheit. Bis zum Schluß verharren alle Akteure hinter dem Stacheldraht. "Oh Freiheit! Wir sind belauscht mit Ohr und Blick! …haltet Euch zurück!"
Bis 2011 nicht mehr gespielt: »Fidelio« (Fotos: Matthias Creutziger)
Sowohl Solisten, Chor als auch Orchester lieferten in der Inszenierung, die zumindest bis 2011 nicht mehr auf dem Programm steht, zuletzt Darbietungen auf allerhöchstem Niveau. Leider war die Textverständlichkeit sehr eingeschränkt – hier wären Übertitel trotz der Darbietung in deutscher Sprache durchaus hilfreich gewesen. Ute Selbig als Marcellina bestach mit klar perlender, weit tragender und perfekt intonierter Stimme, deren Schönheit und Schlichtheit gut dieser Rolle entsprach. Kleines Manko: gerade intime Soli wurden im weiteren Verlauf der Oper in weiten Teilen durch die nicht ausreichend zurückhaltende Begleitung des Orchesters eingeschränkt, was den Sängern eine differenzierte Gestaltung in tieferen Tonlagen unnötig erschwerte.
Catherine Forster als Leonore konnte erst im zweiten Aufzug überzeugen. Wenig glaubwürdig waren ihre schauspielerischen Leistungen, was durch eine gewisse Unbeholfenheit teilweise zu unfreiwilliger Komik führte und die Dramatik der Handlung erheblich abschwächte. Eindrücklich war dagegen der erste Auftritt des Chores als Gefangene in perfekter Abstimmung mit dem Orchester – hier wurde die Emotionalität der damaligen Situation selbst heute auch für Nicht-Zeitzeugen deutlich spürbar. Etwas blaß war Jukka Rasilainen als Don Pizarro, der sich trotz großer Bemühungen kaum stimmlich vom Orchester abheben konnte. Michael Eder in der Rolle des Kerkermeisters Rocco überzeugte mit sonorer Baßstimme, Klaus-Florian Vogt bestach als der widerrechtlich gefangen gehaltene Florestan. Markus Butter als Don Fernando schaffte es nicht, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.