Ausgerechnet in einer Stadt wie Dresden eine „Nacht der Oper“ superlativ mit „Das gab es noch nie!“ zu bewerben, zeugt von reichlich Selbstbewusstsein. Wenn nicht gar von Vermessenheit. Denn wenn der Name Dresden für etwas steht, dann doch wohl zuvörderst für Musiktheater.
Grafik: www.dresdner-nacht.de
Ob die Veranstalter ihre „Nacht der Oper“ dennoch nicht zu vollmundig bewerben, wird sich am 4. September erweisen. Dann soll geschehen, was es so tatsächlich noch nie gegeben hat! Anlass ist die Weltpremiere der Filmoper „Hunter’s Bride – Der Freischütz“, die eng mit Dresden zu tun hat und in Verbindung mit dem 20. Jahrgang der Filmnächte am Elbufer uraufgeführt werden soll. Dazu wird das gesamte Areal zwischen Augustus- und Carolabrücke in eine einzigartige Klangkulisse verwandelt, aufwändige Technik macht’s möglich. Die Zuschauer können auf über 3.000 Plätzen am Königsufer dabei sein und neben dem Filmereignis auf der Großleinwand auch die historische Kulisse der Brühlschen Terrasse ins Auge fassen. Dank einer synchronen Projektion des Films auch auf der Rückseite der mit 448 Quadratmetern nach wie vor größten mobilen Leinwand weltweit kann die Premiere aber auch – und dort kostenlos – von der Brühlschen Terrasse aus besichtigt werden. In Absprache mit diversen Ämtern von Landeshauptstadt und Freistaat ist zudem das Terrassenufer gesperrt, wo statt Verkehrslärm festlich gedeckte Tafeln Platz finden und etwa 800 Gäste Kino mit Kulinarik verbinden können. Weitere 660 Premierenplätze, die ebenfalls gastronomisch bestens versorgt sein dürften, finden sich auf drei Elbdampfern, die für die „Nacht der Oper“ als schwimmende Publikumstribüne dienen.
In der Tat also gut Grund für Vollmundigkeit. Doch sind das erst einmal nur die eher technischen Angaben. Im Zentrum steht freilich, so sollte es in Dresden auch sein, die Kunst! Und da wurde mit der romantischen Oper „Der Freischütz“ auf das Werk eines eng mit Dresden verbundenen Komponisten gesetzt. Carl Maria von Weber, der auf dem Alten Friedhof in der Friedrichstadt begraben und dem ein kleines, aber feines Museum in Hosterwitz gewidmet ist, war von 1817 an Kapellmeister am hiesigen Hoftheater und als Direktor für die deutsche Opernabteilung zuständig. In dieser Zeit entstand auch „Der Freischütz“, zunächst noch unter dem Arbeitstitel „Die Jägerbraut“, die dann im Juni 1821 am Berliner Schauspielhaus uraufgeführt wurde. Das Libretto schuf der in Leipzig geborene und in Dresden verstorbene Autor Johann Friedrich Kind.
Aus Dresden stammt auch der Regisseur und Produzent Jens Neubert, der in seiner Geburtsstadt Psychologie und in Berlin Opernregie studiert hat. Als Spielleiter, Autor, Dozent und Kurator ist der einstige Assistent von Ruth Berghaus vielfältig beschäftigt. „Der Freischütz“ sei aber ein Jugendtraum von ihm gewesen, den er nun ausdrücklich als Filmoper erarbeitet hat. Denn Opernfilme, also Ablichtungen von Bühneninszenierungen, gibt es von diesem als erste deutsche Nationaloper geltenden Werk schon genug. Nicht zuletzt nach einer Berghaus-Inszenierung aus Zürich.
Neubert aber, der vor 15 Jahren Mozarts „Entführung aus dem Serail“ am Festspielhaus Hellerau inszeniert hat, zog es mit seinem Projekt in die Natur. Er verlegte die Handlung um Schützenfest, Wolfsschlucht, Agathe und Ännchen in die Entstehungszeit und verortete historisch genau Spielorte wie das Marcolini-Palais, Schloss Moritzburg und Fasanenschlösschen mit ins Geschehen. Vor allem aber die Sächsische Schweiz und das Triebischtal, wo im vorigen Sommer auch die berühmte Wolfsschlucht-Szene gedreht wurde, sollen faszinierend für das gesamte Drehteam gewesen sein. Neben prominenten Sängerdarstellern wie Juliane Banse als Agathe und Regula Mühlemann als Ännchen sowie Franz Grundheber als Ottokar, Benno Schollum als Kuno, Michael Volle als Kaspar, Michael König als Max, René Pape als Eremit und Olaf Bär als Kilian sind dies vor allem gut 600 Komparsen gewesen, die für eindrucksvolle Massenszenen besetzt worden sind. Allerdings, Stichwort Filmoper, wurden hierfür Mitglieder von sächsischen Laienchören gesucht – und Regisseur Neubert staunte nicht schlecht, als die Webers Chorpartien durchweg auswendig parat hatten.
Die Studioaufnahmen in den Londoner Abbey Road Studios erfolgten mit dem London Symphony Orchestra unter Leitung von Daniel Harding sowie mit dem Rundfunkchor Berlin. Das ausschließlich mit privaten Mitteln aus der Schweiz finanzierte 5-Millionen-Euro-Projekt soll im Dezember in die Kinos kommen. Für die internationale Vermarktung habe man Webers Originaltitel auf englisch beibehalten. Die Weltpremiere in Dresden, bei der ein völlig neuartiges Klangkonzept in Dolby-Surround-Mischung ertönen soll, ist eingebettet in ein Vorprogramm und wird von feierlichem Nachklang gekrönt – mit Überraschungen und im Beisein der meisten Mitwirkenden, versteht sich. Bass René Pape lässt es sich nicht einmal an seinem Geburtstag nehmen, der Uraufführung beizuwohnen.
„Hunter’s Bride – Der Freischütz“ zur Dresdner Nacht der Oper
Weltpremiere am Samstag, 4. September, um 21 Uhr
Filmnächte-Areal (Einlass 19 Uhr) 8 Euro
Raddampfer „Stadt Wehlen“ / „Meißen“ / Salonschiff „Gräfin Cosel“ 15 Euro
Brühlsche Terrasse und Terrassenufer kostenfrei (mit mediterraner Gastronomie à la carte)
Infohotline 0351 – 656 70921
www.dresdner-nacht.de
www.filmnaechte.de
www.huntersbride.com
Vorprogramm ab 20.30 Uhr
Festlicher Ausklang ab ca. 23 Uhr
Eine Textfassung des Artikels ist am 19. August in den Dresdner Neuesten Nachrichten erschienen. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung, ihn hier erneut abdrucken zu dürfen.