Sie sollte es gewiss nicht persönlich nehmen: Zum Spielzeitbeginn von Ulrike Hessler als neuer Intendantin der Semperoper gab es ein sonniges Wochenende mit Stadtfest, Feiern und Feuerwerk. Für die Oper könnte das dennoch ein gutes Omen sein. Viel Volks auf dem Theaterplatz, eine Menge Interesse zum Auftakt am Freitag, als es bei kostenlosem Eintritt hieß „Die Intendantin lädt ein“. Tags drauf dann die erste, angesichts diverser Politprominenz nicht ganz ausverkaufte Opernvorstellung: „Der Rosenkavalier“ von Richard Strauss in Uwe Eric Laufenbergs noch nie so ganz frisch gewesener Inszenierung vom Herbst 2000 – ein Werk, das Dresdens Musiktheater seit seiner Uraufführung 1911 ohnehin gut zu Gesicht steht und nicht ganz zufällig am 4. Juli auch die Intendanz von Gerd Uecker beschloss.
Die ersten Töne vor Publikum waren freilich programmatischer Strauß-Pflege geweiht: „Ich lade gern mir Gäste ein“ eröffnete die Soirée mit neuer Intendantin, neuer Chefdramaturgin und einem Teil des neuen Ensembles. Im Halbrund der knallroten Plüschsofas aus Günter Krämers unbeholfener „Fledermaus“ von 2002 erklangen eben jene Orlofsky-Arie im Wechsel mit Rossinis Kavatine „Cruda Sorte!“ aus der „Italienerin in Algier“, Ausschnitten aus Mozarts „Figaro“, Drusillas „Felice cor mio“ aus Monteverdis „Krönung der Poppea“ sowie mehr oder minder bekannten Ohrwürmern von Bizet und Hasse, Puccini und Purcell, Wagner und Weill.
Foto: Matthias Creutziger
Ulrike Hessler und ihre sehr eloquent moderierende Chefdramaturgin Nora Schmid präsentierten damit klingende Einblicke in die Höhepunkte der bevorstehenden Saison, um beim Publikum – was ja nur legitim ist – Appetit auf viele Folgebesuche zu wecken. Sie machten zudem mit einer Reihe von neuen Ensemblemitgliedern bekannt, denn neben der Sopranistin Ute Selbig und dem Bariton Christoph Pohl wurden ausnahmslos neue Stimmen vorgestellt. Der erste Eindruck: Da kommen Glanzleistungen und möglicherweise auch Fehlentscheidungen auf die ja auch stimmlich so traditionsreiche Bühne. Von den nunmehr 32 fest engagierten Solisten, die von sechs Angehörigen des Jungen Ensembles unterstützt werden sollen, kommt etwa die Hälfte aus dem deutschen Sprachraum, der Rest aus knapp einem Dutzend Nationen.
Die Sächsische Staatsoper bleibt also international – und wird aufgrund ihrer Neuinszenierungen bemerkenswert weiblich. Die Premieren tragen Namen wie Daphne, Gisela, Rusalka, Poppea, Dido, Iolanta, Anna Bolena und den einer diebischen Elster im Titel, immerhin schaffen ein „Vormund“ („Il tutore“ von Hasse) und „Der gestiefelte Kater“ (César A. Cui) ein klein wenig Ausgleich.
Was in dieser kurzweilig charmanten Vorstellungsrunde zu hören war, weckt erst einmal in sehr unterschiedlicher Weise Interesse. Da dieser Abend aber auf enormen Publikumszuspruch stieß, sollen in einer relativ spontan angesetzten Fortsetzung bei ebenfalls freiem Eintritt in einer Matinee am 4. September um 11 Uhr weitere Sängerinnen und Sänger die Gelegenheit bekommen, sich auf ihrer neuen Bühnenheimat zu beweisen. Den Eröffnungsreigen beschließt dann ein Tag der Offenen Tür am 26. September, an dem von 10 bis 21.30 Uhr die Chance besteht, die Semperoper und deren Mitarbeiter vor und hinter den Kulissen einmal ganz genau kennenzulernen. Das dürfte auch ohne Feuerwerk sehr spannend werden.
Eine Textfassung des Artikels ist am 23. August in den Dresdner Neuesten Nachrichten erschienen. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung, ihn hier erneut abdrucken zu dürfen.