Die Zeiten, als gewöhnliche Opernaufführungen acht, neun Stunden dauerten, sind gottlob vorbei. Um das Publikum nicht völlig zu erschlagen, fügte man zu Lebzeiten Augusts des Starken "Intermezzi per musica" ein. Anzügliche kleine Komödien waren das, hoch ging es her zwischen Lustgreisen, hübschen Dienstmädchen und devoten Liebhabern.
Lustgreise, Dienstmädchen, Liebhaber: in Opern-Intermezzi gings zur Sache (Foto: M. Creutziger)
Für heutige Zeitgenossen, die die Semperoper vielleicht nur aus der Bierwerbung kennen, hat das Staatsopernteam ab sofort ein musikalisches Anfütterungshäppchen parat. Am Sonntagmorgen hatte "Il tutore" (Der Vormund) Premiere. Das von Johann Adolf Hasse komponierte Intermezzo wird hier zum Hauptwerk, und seinerseits unterteilt von einer Viertelstunde absurden Theaters. "Der Automobilsalon" heisst dieses Mittelstück von Eugène Ionescu, für das der Musikalische Leiter Johannes Wulff-Woesten Hasse-Musik mit Autohupen, Tierlauten und Motorengeräusch verputzt hat.
Der Dresdner Bühnenbildner Arne Walther hat für all das eine Miniatur-Semperoper rückwärts über den Orchestergraben gebaut. Das Parkettpublikum sitzt sozusagen "backstage", und richtig, Regisseur Manfred Weiß breitet vor ihm den ganzen geliebt-gehassten Alltag der Künstler aus. Dass Besetzungsfragen schon mal auf der Intendantencouch verhandelt werden, bleibt ebensowenig ausgespart wie die Souffleuse, die beim Zuspätkommen klappernd die Stullenbüchse verliert.
Augenzwinkernd, locker flockig und mit Seitenhieben auf die am Haus laufenden Produktionen ist das eingefangen, und ist mit Matthias Henneberg und der hell zwitschernden Nadja Mchantaf bestens besetzt. Tom Quaas gibt als Gast den verpeilten Romeo und in Ionescus Zwischenstück den Verkäufer eines Autohauses. Dass die vom Regisseur gebastelte Rahmenhandlung mit voll tönender Sängerstimme statt "mit Schnauze" zelebriert wird, und dass Opernregisseur Weiß unter absurdem Theater leider nur ein sehr komisches versteht, trüben den ansonsten kurzweiligen Vormittag leicht. Dem Premierenpublikum zum Einheitstag gefiels trotzdem, diebisch wurde gelacht und zum Schluss herzlich applaudiert.
Eine Textfassung des Artikels ist am 6.10. in der Sächsischen Zeitung erschienen. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung, ihn hier erneut abdrucken zu dürfen.
Weitere Aufführungen:
– 10.10.2010, 11 Uhr
– 26.10.2010, 20 Uhr
– 31.10.2010, 11 Uhr
– 17.04.2011, 11 Uhr