Die österreichischen Spatzen hatten es schon tagelang von Salzburgs Dächern gepfiffen: Die Sächsische Staatskapelle Dresden wird ab 2013 das Orchester der Osterfestspiele Salzburg, und Christian Thielemann neuer Künstlerischer Leiter der Festspiele. Der Vertrag, den der Dirigent heute in Salzburg öffentlich unterzeichnete, umfasst einen Zeitraum von fünf Jahren und schließt damit auch das festliche Jubiläum der Festspiele ein halbes Jahrhundert nach ihrer Gründung im Jahr 1967 mit ein.
"Ich kann nicht verhehlen, dass das ein großer Schock war: am Freitag dem 13. Mai erfuhr ich, dass Sir Simon Rattle und die Berliner Philharmoniker uns verlassen würden." So leitete Festspielintendant Peter Alward heute die mit Spannung erwartete Pressekonferenz ein. Und fügte hinzu: "In solchen Momenten lernt man sehr schnell, wer unsere wahren Freunde sind – und nicht sind."
In Rekordzeit haben Thielemann, die Orchesterdirektion und Semperoper-Intendantin Ulrike Hessler somit "die Wunde geschlossen", die die Berliner Philharmoniker in die Salzburger Festspielseligkeit gerissen hatten. Und wie nebenbei hält in der Residenzstadt mit den Dresdner Musikern eine neue Bescheidenheit Einzug: Ein neu konzipiertes Orchesterkonzert, das die beiden traditionell voneinander getrennten Festspielzyklen verbindet, "wird sehr, sehr niedrige Preise haben und ein neues Publikum erschließen," versprach Alward. Und legte gleich noch einen Knaller drauf: "Sie können darauf vorbereitet sein, dass es von unserer Seite ein deutliches Signal geben wird, die Preise insgesamt zu senken. Das ist etwas, was uns sehr am Herzen liegt."
Sollte es auch, falls den Salzburgern eine langfristige Publikumsentwicklung am Herzen liegt; der aktuelle Preis einer einzigen Eintrittskarte betrug bisher schon mal fünfhundert Euro. Dass das nicht so weitergehen konnte, liegt auf der Hand: kann man doch etwa ein Jahresabonnement für die digitale Konzerthalle der Berliner Philharmoniker inklusive 30 hochkarätigen Live-Konzerten und einem Zugang zum Archiv für weniger als ein Drittel dieser Summe erwerben.
Der "neue Karajan" war jedenfalls ausnehmend gut aufgelegt, als er seine Unterschrift leistete. Mag er doch Engagements, die eine sorgfältige gemeinsame Beschäftigung mit der Musik erlauben; "Wie oft hat man das Gefühl, dass durch übermäßige Arbeit, übermäßiges Reisen das Musizieren behindert wird! Hier zukünftig für drei Wochen zu sein, ist etwas ganz Wunderbares. Wie in Bayreuth: das ist der Sinn der Festspiele, dass die Mitwirkenden miteinander auf Tuchfühlung gehen," erläuterte Thielemann den zahlreich erschienenen Salzburger Journalisten, und bedankte sich im selben Atemzug bei allen, die den Besetzungscoup möglich gemacht haben.
Der Klang der Musik, versprachen die angereisten Dresdner, wird luxuriös bleiben. Auch zukünftig wolle man nur "die Besten der Besten" als Solisten verpflichten. Orchesterdirektor Jan Nast sprach zuletzt aus, was Salzburg hören wollte: "Eines können wir Ihnen in jedem Fall versprechen: Exklusivität! Wir werden der Stadt mit Sicherheit den Rang wiedergeben, der ihr gebührt." Das Recht der ersten Nacht – es bleibt in Salzburg, auch wenn sich die Inszenierungen später – und unter Umständen mit geänderter Sängerliste – auf dem Dresdner Spielplan wiederfinden werden.