Es gibt ja zahlreiche Zahlungskräftige, die fördern seit Jahren die Salzburger Osterfestspiele und reisen dann nicht nur an die Salzach, um für teuer Geld die musikalischen Höhepunkte der eigenen Investitionen zu genießen, sondern um die Gelegenheit dann auch noch zum Einkauf zu nutzen. Shoppen in Salzburg. Hier ein neuer Pelz und da was Schickes als Anlageobjekt. Alles zu haben. Ohne Rabatt und Punktsammelei!
Eigens für das stets zielstrebige Zielpublikum der 1967 durch Herbert von Karajan für sich und seine vermögenden Freunde – nicht zuletzt für die (damals noch ausnahmslos männlichen) Berliner Philharmoniker – ist vor knapp vierzig Jahren die Kunstmesse Salzburg als begleitende Veranstaltung ins Leben gerufen worden. Heute respektive heuer trägt sie den Namen Art&Antique und bietet so ziemlich alles feil, was das Herz begehrt. Freilich, nicht jedes Herz sehnt sich nach Klunkern und Kokolores. So manches Angebot richtet sich wohl vor allem an Damen, die in den Konzerten im Festspielhaus dann zeigen wollen, was sie ihren Galanen noch wert sind. Eigens für diese Klientel gab es am Montag sogar einen Damentag: Wenn zwei von der Sorte zum Schauen und Shoppen auftraten, mussten sie nur ein Ticket lösen. Und wieder 13 Euro gespart!
Um aufrichtig zu sein: so manch ein Picasso, der da als Lithografie zu hohen fünfstelligen Beträgen an der Wand hing, wäre ein Gespräch mit dem Dispo-Berater wert gewesen. Daneben gab es hier und da Egon Schiele, ziemlich viel Arnulf Rainer und jede Menge Landschaftsmalerei für die gute Stube, wovon der potentielle Käufer natürlich nicht nur eine oder zwei unter seinem Dach hat. Sollte da aber alles schon voll sein und sich für die bei Art&Antique erworbenen Teppiche, Putten und/oder Schränke kein Platz mehr finden lassen – gar kein Problem! Findige Unternehmen hatten auch die eine oder andere Villa und sogar ein paar Alpenschlösschen in ihrem Fundus. Mit steuerlicher Rechtsberatung, versteht sich. Für schnell entschlossene Leser hier noch der Hinweis: Art&Antique ist bis zum 1. April in der Salzburger Residenz geöffnet. Dann enden ja auch die Osterfestspiele.
Wer unabhängig davon einen Besuch an der Salzach plant und auf wahre Entdeckungen aus ist, sollte sich das 1928 gegründete Antiquariat in der Bergstraße merken. Dort, ganz in der Nähe von Mirabellgarten und Universität Mozarteum, sieht es wunderbar literarisch drin aus. Bücher, Bücher, Bücher! Mittendrein ein goldbrauner Flügel, wer will und kann, darf darauf spielen. Gibt es sympathischere Mittel zur Kundenbindung?
Wenn dann noch vom wirklich ebenso freundlichen wie kompetenten Buchhändler zwei echte Fundstücke aus der unüberschaubaren Bibliothek gefischt werden, dann darf Wagner zu seinem 200. hoch leben. Auf den ersten Blick vielleicht unscheinbar, erwiesen sich die zwei flugs erstandenen Bändchen als wahre Raritäten. „Richard Wagner und Albert Niemann“ (Berlin 1924) ist als Gedenkbuch ausgewiesen, beinhaltet Briefe des einstigen Wagner-Interpreten Niemann, die dieser nicht mal auf Anfrage der Wagner-Witwe Cosima zur Abschrift überlassen wollte! Grandiose Offenbarungen versprechen sich da. Pikant: Ein Ex Libris verrät den Namen des früheren Besitzers meines jüngsten Wagner-Buches – ausgerechnet Fritz Führer! Mag sich jeder seinen Reim drauf machen.
Die zweite Neuerwerbung stammt von Hanns Fuchs, ist 1902 in Wien erschienen und trägt noch den handschriftlichen Preis der Erstausgabe: 2,80 Reichsmark. Der Titel „Richard Wagner und Ludwig II.“ lässt ahnen, dass es hierin nicht um musikalische Entdeckungen geht – Hanns Fuchs war Sexualwissenschaftler – sondern um wagnerianische Offenbarungen anderer Art. Das Eingangskapitel widmet sich dem Thema „Das häufige Vorkommen der Homosexualität bei bedeutenden Männern und die geistige Homosexualität.“ Fuchs wollte nach eigenem Bekunden aufdecken, worin Richard Wagners „größte Leiden“ gelegen haben (sollen), „in den Regionen der Sexualität“.
Die Salzburger Osterfestspiele 2013 wurden mit „Parsifal“ eröffnet. Der steht am 1. April noch einmal auf dem Programm der Erlösung. Irgendwann soll das Bühnenweihfestspiel auch in Dresden gezeigt werden. Genaues Zuhören lohnt sich!