Wirklicher Jazz klingt natürlich auch wesentlich besser als hohle Politikerplattheiten. Schon bald nach einem Sonderkonzert mit dem französischen Kontrabassisten Renaud Garcia-Fons (30. Oktober im Societaetstheater) starten die 13. Jazztage Dresden, deren Programm wieder viel Unterhaltsames an Musik aus Crossover verspricht. Das glückliche „Titelgesicht“ von China Moses, das nun hoffentlich bald auch die letzte Parteiwerbung in und um Dresden ersetzt, verheißt ein Wiedersehen mit einer charismatischen Künstlerin, die erst vor wenigen Monaten in Dresden gastierte und nun mit Raphaël Lemonnier in Meißen auftreten wird. Gleich in mehreren Konzerten setzen die Macher des Festivals auf die sichere Nummer und laden dem Publikum schon vertraute Namen ein. Von Bruno Böhmer Camacho, der diesmal allerdings eine musikalische Reise quer durch die Heimat seiner kolumbianischen Mutter unternimmt, über dem Martin Tingvall Trio bis hin zu Joscho Stephan mit seinen Gipsy-Swing und Quadro Nuevo – bekannte Gäste früherer Festivals und in Dresden für ihre Künste beliebt.
Insgesamt werden mehr als 100 Künstler offeriert, die während der Jazztage auf 15 Bühnen agieren. Eine deutliche Reduktion im Vergleich zu früheren Jahrgängen. Derlei Konzentration dürfte beim Kartenverkauf hilfreich sein, auch stärkere Kooperation ist ganz im Sinne der Sache. Jazzclub Tonne und Societaetstheater sind wesentliche Spielstätten, daneben soll im Schauspielhaus sowie erstmals auch im Kurländer und im Marcolini-Palais sowie in der Porzellan-Manufaktur Meissen gejazzt werden.
Unter ein Motto wie „International – Emotional – Phänomenal“ kann gewiss Vieles gestellt werden, vom Alpenglühen bis zur Zitronenfalterausstellung. Die Dresdner Jazztage bewerben damit ihr internationales Programm, dessen künstlerischer Schwerpunkt in Österreich liegen soll. Immerhin drei der 30 Konzerte bedienen ihn und lassen – wie etwa das Bläserensemble Innsbrucker Böhmische – alpine Klanggewalt erwarten. Einen Mix aus Wiener Kaffeehaus und Balkan hält Georg Breinschmid bereits, und auch Mnozil Brass soll österreichisch unterhalten. Tradition und lustvolle Fortentwicklung derselben dürften darin Hand in Hand gehen.
Ähnliche Verbindungen haben auch die deutsch-serbische Band Uwaga! für ihr Konzert „Klassik. Frei nach Mozart, Mahler & Co.“ sowie die Brüder Kilian und Tobias Forster zu ihrem Markenzeichen erhoben. Der eine am Bass bei den Klazz-Brothers, der andere an der Orgel, um Kirchenmusik gehörig zu pauken. Amalgamisierung gehört ganz sicher zum Jazz, nur sucht sich jeder etwas andere Zutaten dafür aus. Die amerikanische Beatboxerin und Sängerin Butterscotch lebt in ihrer Kunst von großen Vorbildern des Jazz, die Argentinierin Lily Dahab entführt in fremde Klangwelt, auch der persische Handtrommler Mohammad Reza Mortazavi, der finnische Pianist Iiro Rantala sowie ein Quartett um den griechischen Trompeter Andreas Polyzogopoulos unternehmen vielversprechende Ausflüge durch die Welt der Musik.
Wem bislang der Trip zum Dresdner Flugplatz Klotzsche zu weit gewesen ist, kann die Funk & Soul Night nunmehr im Wechsel zwischen Jazzclub Tonne und Kurländer Palais besuchen und dafür den VVO-Funk-Shuttle benutzen. Kurze Wege haben auch der Dresdner Gitarrist Frank Fröhlich sowie Schlagzeuger Demian Kappenstein, der mit seiner 2011 gegründeten deutsch-libanesischen Band Masaa musikalische Brücken zwischen Orient und Okzident errichtet. Die Sängerin Maria Markesini, griechisch-holländischer Herkunft, steht ohnehin für einen Bogenschlag der Kulturen. Und mit dem seit nunmehr zehn Jahre tourenden Trio Elf sowie der All-Star-Band The Big Jazz Thing, mit dem singenden Gitarristen Torsten Goods und den A-capella-Spaßvögeln von Maybebop dürfte die Vielfalt des diesjährigen Festivals durchaus sehr unterschiedliche Erwartungen stillen.