Am Dresdner Landgericht startete am 12. Mai der nächste Akt in der Posse „Dorny vs. Sachsen“, in der es immer noch um die Entschädigungsklage von Dresdens Nicht-Intendant Serge Dorny gegen den Freistaat Sachsen geht. Es hätte, dem klassischen Drama gemäß, der ultimative Höhepunkt einer sich vehement zuspitzenden Konfliktsituation werden können. Doch nach achtzig langen Minuten war klar, in diesem Prozess wird mit Ariel gewaschen. Will sagen, wer Missverständnisse sät, wird Verständnislosigkeit ernten. Um weiße Westen geht es also schon lange nicht mehr.
Serge Dorny, inzwischen in seinem Amt als Intendant der Oper Lyon verlängert, erschien natürlich ebensowenig auf der Bühne der Zivilkammer wie seine einstigen Kontrahenten Sabine von Schorlemer (Ex-Kunstministerin von Sachsen) oder gar Christian Thielemann, Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle. So wurde mal wieder ein Stellvertreterkrieg ausgefochten. In dem der Vorsitzende Richter mal die Rolle des Hofnarren, mal die des Diplomaten zu spielen versuchte. Als „besonderen Service“ bot er einen Gütetermin an, eine Mediation, in der beide Parteien Gelegenheit bekommen sollten, sich friedlich zu einigen. Das schaulustige Publikum wäre damit um einen endlosen Prozessverlauf gebracht.
Statt dessen bekommt es die Chance auf eine neue Runde. Denn der Rechtsanwalt des Klägers hat diesem Vorschlag zwar „einschränkungslos“ zugestimmt, als Vertreter der Gegenseite hat der Anwalt des Freistaats aber gefordert, zuvor Einblick in die momentane Gehaltssituation Dornys zu erlangen. Auf dieser Grundlage könne entschieden werden, ob einer Mediation zugestimmt werde. Darauf ließ sich Dornys Anwalt nicht ein, da konnte ihm noch so sehr Stillschweigen über die Bezüge seines Mandaten zugesichert werden.
Es geht also weiterhin ums Geld und um die Höhe einer Entschädigung des außerordentlich gekündigten Wunschkandidaten. Damit dürfte auch in den folgenden Szenen vor allem die Frage stehen, ob Dorny nur für seinen Vorvertrag oder für die auf fünf Jahre vereinbarte Laufzeit seines Intendantenvertrages abgefunden werden soll? Und ob dafür sein Gehalt in Lyon zur Grundlage genommen wird oder nicht. Dummerweise ist nach französischem Recht sogar das Intendantensalär an die reguläre Tarifentwicklungen gekoppelt. So könne man heute noch gar nicht sagen, welche Summen der Impresario in ein, zwei oder drei Jahren erhält.
Quasi als Zwischenakt ging es aber auch immer noch um die Kompetenzstreitigkeiten innerhalb der Sächsischen Staatsoper. Wollte oder konnte Dorny die Entscheidungsbefugnisse von Chefdirigent Christian Thielemann nicht akzeptieren? Das wurde mehrfach erörtert und mit erstaunlichen Einsichten in Akten und Verträge begleitet. Angeblich waren Dorny Thielemanns Kompetenzen bekannt, bevor er seinen Vertrag unterschrieb. Sein per E-Mail eingegangenes Ultimatum wäre demzufolge gar nicht erfüllbar gewesen.
Offen blieb in diesem Zwischenakt die heiß diskutierte Frage, ob die Androhung einer fristlosen Kündigung durch Dorny seine außerordentliche Kündigung durch den Freistaat rechtfertigt habe. Dazu sollen nun beide Parteien in einem Nachspiel bis Anfang Juni Stellung nehmen, mit einer Entscheidung könnte Ende Juli gerechnet werden. Dass daraus schon ein Finale gezimmert werden könnte, bleibt fraglich.
Das Publikum, vulgo: der Steuerzahler, hat aber durchaus das Recht, baldmöglichst zu erfahren, was an Entschädigungszahlungen in Sachen Dorny versus Freistaat seinen Abgaben entnommen werden wird.