Vielen schien diese Wahl eine Formalie. Wenn ein Rektor sein Amt so leidenschaftlich ausfüllt wie Ekkehard Klemm, wenn die künstlerischen wie administrativen Ergebnisse stimmen – welcher andere Bewerber hätte sich da große Chancen ausgerechnet? So waren wohl nicht wenige Dresdner überrascht vom Ausgang der heutigen Wahl: mit einem deutlichen Stimmenvorsprung konnte Judith Schinker, studierte Juristin und seit Mai 2012 Prorektorin für Lehre und Studium, die Abstimmung im Erweiterten Senat der Hochschule für Musik für sich entscheiden. Wir haben den scheidenden Amtsinhaber im Anschluss gebeten, die letzten fünf Jahre Revue passieren zu lassen und seine Gedanken zur Wahl für „Musik in Dresden“ in ein paar Sätzen aufzuschreiben.
Ekkehard Klemm, Sie haben eine zweite Amtszeit als Rektor der Dresdner Musikhochschule angestrebt. Eine Wiederwahl schien für die meisten Beobachter zu erwarten. Waren Sie dann vom Wahlergebnis überrascht?
Nein, das Ergebnis hat mich nicht völlig überrascht. Wenn die eigene Prorektorin sich gegen den Rektor bewirbt, muss man davon ausgehen, dass sie Unterstützer hatte.
Was glauben Sie, waren die Gründe für das Abstimmungsergebnis?
Ich gehe davon aus, dass das Wahlgremium einen Konflikt zwischen meiner künstlerischen und administrativen Tätigkeit gesehen hat, den ich stets zum Wohle der HfM bemüht war auszutragen.
Wovon war Ihre Amtszeit geprägt? Was wird Ihnen künstlerisch und hochschulpolitisch in Erinnerung bleiben?
Die Amtszeit wird mir persönlich als jene in Erinnerung bleiben, in der die Hochschule in vielerlei Anträgen mehr als zwei Millionen Euro zusätzlicher Mittel einwerben konnte. In der sehr viele junge und herausragende Professorinnen und Professoren berufen wurden (Celine Moinet, Robert Langbein, Dominik Oelze, Tobias Willner, Mathias Baier, Barbara Beyer, Florian Uhlig, Danjulo Ishizaka, Natascha Prishepenko, Yura Lee, Matthias Henneberg, Edward Randall, Esther Kaiser, Simon Harrer, Pauline Sachse, Claudia Krahmer…), und damit die HfM völlig neu und künstlerisch hochwertig aufgestellt wurde. In der ein neues Haus eröffnet werden konnte, um die Lehrerausbildung voranzubringen und den Studierenden bessere Übemöglichkeiten zu bieten. In der die HfM befristet nicht weniger als zehn Stellen durch die oben benannten zusätzlichen Gelder zusätzlich besetzen konnte. In der ein einzigartiges Netz regionaler Beziehungen aufgebaut wurde hin zu allen Theatern und Orchestern. In der die Neue Musik mit der Verstetigung und Vereinsgründung (der Anerkennung als An-Institut) von KlangNetz Dresden neue Perspektiven erhalten hat. Und in der es großartige künstlerische Projekte gab, die ich hier nicht alle aufzählen kann. CDs und verschiedentliche Mitschnitte legen davon Zeugnis ab. Dem Erweiterten Senat war das dennoch nicht Erfolg genug. Das ist in vielerlei Dingen natürlich eine persönliche Enttäuschung.
Gibt es Themen, bei denen sich die neue Rektorin öffentlich, im Senat oder anderen Gremien deutlich anders als Sie positioniert hat? Fordert sie Studiengebühren für ausländische Studierende, Änderungen bei den Honorarlehraufträgen, eine andere Schwerpunktsetzung bei einzelnen Fakultäten?
Die Akzente meiner Kollegin sind mir nicht bekannt, weil sie mit mir zu keiner Zeit darüber gesprochen hat und ich bei ihrer hochschulöffentlichen Vorstellung aus naheliegenden Gründen nicht zugegen war.
(Fragen: Martin Morgenstern)